Die Conjoint Analyse ist eines der weitverbreitetsten Marktforschungstools. Prof. Markus Voeth von der Universität Hohenheim will einen Weg gefunden haben, die Zuverlässigkeit des Verfahrens deutlich zu verbessern.

Eins vorweg: “Conjoint” ist eine jener Begriffe, die sich in Fachsprachen nolens volens irgendwann bilden, die täglich benutzt werden, ohne dass noch jeder weiß, wovon er semantisch da eigentlich spricht. Zudem ist dieser Zusammenzug von “Considered” und “Jointly” ein sprachliches Gebilde, das sich der genauen Übersetzung entzieht. Das Angebot von Wikipedia – “ganzheitlich betrachtet” – trifft es auch nicht so ganz, in der Übersetzung  von “consider” sollte eben auch das Erwägen mitschwingen. Denn darum geht es bei der CA. Warum erwägt jemand, ein Produkt zu kaufen? Das Besondere an der CA ist, dass den Probanden nicht nur einzlne Produkfeatures präsentiert werden, sondern ganze Produkte (“jointly”) in verschiedenen Ausprägungen. In einer CA zum Thema Fernsehgeräte würden also zum Beispiel verschiedene Geräte mit unterschiedlichen Preis- und Leistungsklassen vorgestellt. In der Analyse werden dann die Bewertungen der Teilnehmer auf einzelne Produktfeatures heruntergebrochen. Das kommt dem tatsächlichen Entscheidungsprozess der Kundern sehr nahe. Soweit, so gut und bewährt, seit sich die CA in den 1970-er Jahren durchgesetzt hatte.

Und dennoch: Die CA, so Professor Dr. Markus Voeth, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing der Universität Hohenheim, habe noch “Luft nach oben”. Sie sei nur zu 55 bis 60 Prozent zuverlässig. Irgendwelche Effekte verzerren die Ergebnisse. Vier Jahre hat er mit einem Team von Wissenschaftlern der Universitäten Hohenheim und Tübingen an diesem Thema geforscht, mit freundlicher Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Sie haben sich die am weitesten verbreitete Spielart der CA angeschaut, die so genannte Choice Based Conjoint-Analyse, bei der die Versuchspersonen am Computerbildschirm Wahlentscheidungen über drei, vier Produktalternativen treffen sollen. Zum Beispiel, um herauszubekommen, wie ein Produkt den Kundenwünschen entsprechend gestaltet werden muss. Warum aber liegen 40 oder mehr Prozent der Unternehmen falsch, die ihre Produkte unter diesen Prämissen gestalten (wobei diese Fehlerquote nicht mit einer Quelle belegt ist)?

Mittels Eyetracking kamen die Forscher den Problemen auf die Spur: Zum einen, und damit bestätigten sich bekannte Phänomene, schenken die Versuchsteilnehmer Produktvarianten mehr Beachtung, die oben stehen oder die zuerst gezeigt werden. Reihenfolge-Effekte werden sie genannt. Zum anderen aber betrachten sie offensichtlich links liegende Produktalternativen länger und wählen sie mit höherer Wahrscheinlichkeit aus. Zu diesem Ergebnis kam Victoria Bertels, die als Doktorandin die empirischen Untersuchungen im Marktforschungslabor des Lehrstuhls durchgeführt hat:  „Wenn wir diesen Effekt herausrechnen, können wir die Validität der Conjoint-Analyse um bis zu 20 Prozent steigern.“ Besser an den Kundenwünschen ausgerichtete Produktinnovationen wären die Folge. Und ein geringeres Floprisiko.

Theoretisch also lässt sich die CA so deutlich verbessern. Mal sehen, ob sich dieses empirisch ermittelte Potenzial auch in der Praxis in besserem Marketing niederschlägt. Wie sehen Sie denn die Zuverlässigkeit und den Wert von CA-Analysen? Wozu setzen Sie sie denn ein? Wenn hier fundierte Kommentare zustande kommen, werden wir sie in der absatzwirtschaft veröffentlichen. Also, nur zu, wir und die Mitleser freuen sich auf eine spannende Debatte.