Dr. Ekkehard Stadie, Simon, Kucher & Partners

Dr. Ekkehard Stadie, Simon, Kucher & Partners

23.07.21013 – Zeitenwende im Mobilfunkmarkt: Die angekündigte Fusion von O2 (Telefonica Deutschland) und E-Plus würde einen neuen Marktführer hervorbringen – nach Kundenzahlen gerechnet. Der bisherige Platzhirsch, die Deutsche Telekom, wäre nur noch Nummer 2 und für Vodafone bliebe nur Bronze. Betrachtet man allerdings den Umsatz, wären alle drei künftigen Anbieter mit jeweils cirka 28 bis 29 Prozent Marktanteil fast auf Augenhöhe – mit einem knappen Vorsprung für die Telekom. Diese sieht der Telekommunikationsexperte Dr. Ekkehard Stadie, Partner der Strategieberatung Simon, Kucher & Partners, letztlich als Gewinner der Marktbereinigung. Während E-Plus und O2 vor allem junge, preisbewusste Konsumenten erreichten, könnten sich Vodafone und Deutsche Telekom auf das anspruchsvollere, mittel- und hochpreisige Marktsegment konzentrieren. Stadie kommentiert die Marktentwicklung so:

“Diese Fusion war überfällig. Sie ist aber definitiv keine Liebesheirat, sondern eine Zweckehe. Die gesamte Branche leidet unter enormen Preiswettbewerb. Dabei hat das jetzige Brautpaar sich in den Jahren zuvor am exklusivsten um das Thema Preis gekümmert. Das ging zum Teil am wahren Kundenwunsch vorbei. Im deutschen Markt hört man kaum noch einen Konsumenten über teure Tarife jammern. Vielmehr bedrückt die Konsumenten, dass die Netze zum Teil überlastet sind. Die Finanzchefs quälen die stetigen Investitionen, die durch Datenflats und -pakete selbstverschuldet nicht richtig monetarisiert werden können.

Wenn sich jetzt die verbleibenden Anbieter klar auf ihre Segmentstärken konzentrieren, dann kann die Fusion für Kunden wie Investoren in Deutschland ein Erfolg werden. Telefónica und die E-Plus-Gruppe sind traditionell stärker im jungen und preisbewussten Segment. Vodafone und Telekom bedienen eher das höherwertige Segment. Wenn gerade die bisherigen Platzhirsche auf die Fortsetzung des Preiswettbewerbs im unteren Segment verzichten und sich auf das mittlere bis obere Segment konzentrieren, dann kann es der Industrie als Ganzes gelingen, die vorhandene Zahlungsbereitschaft für Produkte, die alle haben wollen, auch wieder abzuschöpfen. Eine klare Aussage, welche Marke welches Segment bedienen und verteidigen wird – analog zu Audi, BMW, Mercedes – muss her. Und ein neues Preismodell, das die verbleibenden Wachstumstreiber der Branche, nämlich 1. Datenvolumen, 2. Geschwindigkeit und 3. Anzahl der mit dem Internet verbundenen Endgeräte monetarisiert. Das sind die zwingenden Erfolgs-Voraussetzungen.

Die Börse hat das sofort erkannt. Der wahre Gewinner ist die Deutsche Telekom, deren Kurs weiter anziehen wird, während das Kursfeuerwerk bei KPN schnell vorbei ist: Welchen strategischen Reiz macht für Investoren eine „Hülle“ KPN aus, deren Kernbeteiligung E-Plus durch Bargeld und eine Minderheitsbeteiligung an Telefónicas Deutschland Tochter ersetzt wird?”