Dr. Rolf Hollander, Vorstandsvorsitzender der Neumüller Cewe Color Stiftung, stellt auf der Konferenz „Digitale Geschäftsmodelle – adapt or die“ eine außergewöhnliche Erfolgsstory vor: Das traditionsreiche Unternehmen hat die digitale Transformation im Markt für Fotografie gemeistert. Anders als beispielsweise der US-amerikanische Mitbewerber Kodak, eine Ikone der Fotogeschichte, der 2012 Insolvenz anmeldete. Und so erfolgreich, dass sich Cewe dem Zugriff amerikanischer Hedgefonds erwehren musste. 

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Dr. Rolf Hollander, Vorstandsvorsitzender der Neumüller Cewe Color Stiftung

Von Anfang an war die Unternehmensgeschichte geprägt von Wandel: Als Heinz Neumüller Anfang der 1960er-Jahre sein Fotogroßlabor in Oldenburg gründete, löste die Farbfotografie gerade Schwarz-Weiß ab. Für Cewe Color bot sich eine große Chance, und das Unternehmen nutzte sie. Ab 1972 etablierte Neumüller neue Standorte in Deutschland, baute die Firma zum führenden Anbieter in der Bundesrepublik aus und expandierte ins westeuropäische Ausland.

Unter Hubert Rothärmel wurde das Unternehmen umstrukturiert und ging 1993 als Cewe Color Holding AG an die Börse. Zu diesem Zeitpunkt erlebte die analoge Fotografie ihren Höhepunkt, und doch erkannte das Management die aufziehende Bedeutung der Digitalfotografie. Früher als jeder andere Konkurrent stattete Cewe den Fachhandel mit einer Annahmestation für digitale Bilddaten aus. Das neue Geschäft wurde in der Tochtergesellschaft Cewe Digital GmbH betrieben.

Schneller als der Wettbewerb

Der Umschwung von der analogen zur digitalen Fotografie vollzog sich in rasantem Tempo. Innerhalb von zehn Jahren sank der Umsatz im analogen Geschäft um 95 Prozent. Doch als „first mover“ war Cewe gerüstet. 2001 führte das Unternehmen jenes Terminal ein, das heute als Cewe Fotostation bei über 34.000 Handelspartnern verfügbar ist. 2003 folgte eine Bestellsoftware, mit der die Kunden Fotos von zu Hause aus bestellen können, und bereits ein Jahr später ließen sich Fotos bereits über das Handy ordern.

Um die zeitliche Dimension zu verdeutlichen: Im selben Jahr wurde Facebook gegründet. Erst drei Jahre später, 2007, brachte Apple mit dem iPhone das erste populäre Smartphone auf den Markt. Cewe hatte eine der wichtigsten Erfolgsfaktoren für digitale Transformation erfüllt: Als sich der Markt, die Kunden und die Wettbewerbssituation im Markt für digitale Fotografie dramatisch wandelten, war das Unternehmen vorbereitet.

Mit dem Cewe Fotobuch präsentierte das Unternehmen eine Lösung für Bedürfnisse der Kunden, die digital erzeugte Bilderflut in eine vorzeigbare Form zu bringen. Durch technische Weiterentwicklung und konsequente Markenführung avancierte das Cewe Fotobuch zur Nummer eins, mit 20 Millionen ausgelieferten Exemplaren allein bis 2012.

Ein weiterer Erfolgsfaktor von Cewe: Die Partnerschaft mit der Drogeriemarktkette dm sicherte eine breite und stabile Vertriebsbasis sowie eine hohe Sichtbarkeit der Marke.

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Ein Verkaufsschlager: das Crewe-Fotobuch

Begehrlichkeiten und Konkurrenz

2007 erfolgte dann der Angriff amerikanischer Hedgefonds auf das Unternehmen. Doch die feindliche Übernahme misslang. Die Cewe-Aktionäre trugen den eingeschlagenen Kurs mit, der Cewe erfolgreich von der analogen in die digitale Welt geführt hatte. Diese Welt verändert sich permanent in rasantem Tempo weiter. Längst werden Bilder auf Tablets präsentiert und über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Instagram geteilt. Neue Wettbewerber wie Whitewall erschienen auf dem Markt.

Mit eigenen Apps für Tablets und Smartphones sowie vielseitigen Services ist Cewe fester Bestandteil dieses digitalen Ökosystems. 2011 investierte das Unternehmen in den Ausbau der Fertigungskapazitäten und bündelte seine Aktivitäten im Onlinedruck unter cewe-print.de. Wiederum lag das Unternehmen damit im ständigen Strukturwandel der Branche vorne und ermöglicht Geschäftskunden hochwertige Drucke in geringer Auflage. Für große Volumina stehen Offset- und Rollenoffsetmaschinen zur Verfügung.

Marken- und Produktstrategie

Mittlerweile hat sich Cewe neu aufgestellt. Nicht nur, indem 2013 die Rechtsform gewechselt wurde und die operative Gesellschaft auf die Cewe Stiftung & Co. KGaA überging. Auch die Markenwelt wurde neu strukturiert: Die Dachmarke „Cewe Best in Print“ vereint die „Cewe Fotowelt“ für die Geschäftsfelder Fotoeinzelhandel und -dienstleistungen sowie den Onlinedruck von „Cewe-Print.de“. Weitere Vertriebsplattformen sind Saxoprint und Viaprinto. Insgesamt lieferte Cewe 2013 allein rund 2,4 Milliarden Fotos und 5,8 Millionen Fotobücher über 34.000 Handelskunden aus und erzielte damit einen Konzernumsatz von 528,6 Mio. Euro.

Motor der Weiterentwicklung bleiben Neuheiten, die sich aus konkreten Nutzerbedürfnissen ergeben. Auf der Messe Photokina im September dieses Jahres stellte Cewe unter anderem die Betaversion der Cloudanwendung „Myphotos“ vor. Damit kann der Nutzer jederzeit, überall und von jedem digitalen Endgerät auf seine Bilder zugreifen, sie organisieren, bearbeiten, bewerten, teilen, zu Fotoprodukten umgestalten und – natürlich bestellen.

Der Beitrag erschien zuerst im Business-Blog des Konferenz- und Seminaranbieters Euroforum.