Von Deutschland aus betrachtet ist Cincinnati keine beliebige Stadt in den USA. Durch die Einwanderungsgeschichte der Stadt am und in Ohio gibt es eine tiefere Verbindung. Dass ihr schönstes Stadtviertel „Over the Rhine“ heißt, spricht Bände. Deutsche Einwanderer haben dieses bis heute in seiner Ursprünglichkeit erhaltene urbane Kleinod im 19. Jahrhundert so getauft. Als Rheinersatz musste der Miami and Erie Canal herhalten, der mittlerweile geschlossen ist, damals aber Over the Rhine und Downtown Cincinnati trennte.

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Bekannt als „Königin des Westens“, hat sich die 300.000-Einwohner-Stadt zu einem wichtigen Wirtschaftsstandort entwickelt, von dem aus Unternehmen wie Procter & Gamble, die Kaufhauskette Macy´s oder der Lebensmittelhändler Kroger´s ihre Kreise durch die US-amerikanische sowie globale Konsumgüterlandschaft ziehen. Beim Governer´s Cup 2014 wurde die Metropolregion Cincinnati unter die Top 3 der US-Wirtschaftsstandorte mit über einer Million Einwohner gewählt. Für viele ausländische Unternehmen ist Cincinnati der Ausgangspunkt und das Basislager ihrer Aktivitäten in den USA. Damit sie kommen und bleiben, betreibt Cincinnati ein effektives Standortmarketing und setzt dabei alle seine Pfunde ein: Geschichte, Kultur, Standortvorteile, die Ressourcen an Fähigkeiten und Arbeitskräften. Dabei verfolgt der Standort eine Cluster-Strategie, die ich am Beispiel der Marken- und Designwirtschaft bereits des Öfteren beschrieben habe.

Aber das Markenthema ist längst nicht alles, was Cincinnati zu bieten hat. Als Zentrum von Fertigungsindustrien, Chemiestandort sowie zunehmend auch Hotspot der Daten-Industrie hat Cincinnati bereits viele Dutzend deutscher Unternehmen angezogen – von Kutterer Mauer aus Karlsruhe, einem Hersteller von Verschlüssen über den Automobilhersteller ZF Steering Systems bis hin zu Hahn Automation, einem weltweit führenden Anbieter von Automationslösungen für die Gummi, Kunststoff und Metall verarbeitende Industrie.

Ausbildung made in Germany

Tammy Riddle, Manager Projects & Business Development, REDI Cincinnati

Tammy Riddle, Manager Projects & Business Development, REDI Cincinnati

Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, mir im Gespräch mit Tammy Riddle, Manager Projects & Business Development von REDI Cincinnati, der örtlichen Wirtschaftsförderungsgesellschaft, ein Update über die Aktivitäten deutscher Unternehmen in und um Cincinnati zu holen. Und da tut sich weiter Spannendes: Festo exportiert ein ganz besonderes deutsches Gut in die USA – das deutsche Ausbildungssystem, welches in den USA nahezu unbekannt ist. Überhaupt ist Festo ein spannender Fall. Wenn man sich die Begründung anschaut, warum Festo USA von New York, Long Island, ins Umland von Cincinnati gezogen ist, dann wird deutlich, was die Region für ausländische Unternehmen so attraktiv macht: 70 Prozent seiner Kunden erreicht Festo von dort aus in einem Tag, während von Long Island aus nur 40 Prozent so schnell zu beliefern waren. Auch ThyssenKrupp Bilstein investiert kräftig in seinen Standort Cincinnati. Der Zulieferer für die Automobilindustrie und Energiewirtschaft steckt 26 Millionen Dollar in seinen Standort und schafft über 200 neue Jobs.

Bayern-Connection

Last but not least werden die traditionsreichen Bande zwischen Deutschland und Cincinnati enger geknüpft. Dafür sorgt Wiesnkönig, Anbieter bayerischer Trachtenmode, mit seinem ersten Flagship Store in den USA – stilsicher angesiedelt auf dem Gelände der Christian Moerlein Brauerei. Eine natürliche Liaison zwischen Bayern und Ohio, denn zum einen ist München Partnerstadt, zum anderen beheimatet Cincinnati das größte Oktoberfest der USA. Die Betreiberin des Flagshipstores von Wiesnkönig stammt gebürtig aus München.

Zwar bleibt für alle anderen deutschen Regionen zu hoffen, dass das Deutschlandbild in Cincinnati nicht ausschließlich von der starken Bayern-Connection geprägt wird, doch der Schachzug des Labels Wiesnkönig zeigt: Cincinnati und Deutschland verbindet weit mehr als nur wirtschaftliches Interesse.