Gedanken zum Discount vor dem Hintergrund des Todes von Aldi-Gründer Theo Albrecht.
Die Kollegen des „Manager Magazin“ haben in ihrer aktuellen Ausgabe (8/2010) ein feines Porträt des hemdsärmeligen Kik-Gründers Stefan Heinig gebracht. Der Ramschkönig macht mit der Billigkette Kik sich und seinen Gesellschafter Tengelmann froh, führt die Kette Tedi, deren Sortiment das Prädikat Ramsch wirklich verdient, und will nun auch noch Woolworth retten. Ein Selfmade-Macher. Sehr erfolgreich. Billig, billiger, am billigsten geht gut in einem Land mit immens vielen staatlich alimentierten und in prekären Lebenssituationen steckenden Menschen. Hartz IV beschreibt mittlerweile auch eine Zielgruppe.Heinig steht für die neue Generation Discount. Hard Discount ist als Bezeichnung fast zu weich, nur knapp fliegen die Läden über den Postenvermarktern. Diese neue Generation erntet die Früchte, deren Samen die Aldi-Brüder Theo (Bild) und Karl Albrecht ausgebracht haben.
Die beiden Kauleute aus Essen hatten schon das elterliche Geschäft zu einer Ruhrgebiets-weiten Kette ausgebaut, als sie 1962 den ersten Aldi in Dortmund eröffneten. Albrecht Discount. „Unsere Werbung ist der Preis“, hieß es schon damals. Aber als anders als Kik und Co. haben die Albrechts das Kunststück vollbracht, nicht nur für finanziell angespannte Kunden interessant zu sein, sondern eine breite Bevölkerungssschicht anzusprechen. Aldi ist ist bis tief in die obere Mittelschicht erfolgreich, und selbst in besseren Kreisen ist es nicht verpönt, bei Aldi zu kaufen. Jede Wette, ohne Aldi hätte es vor gut zehn Jahren im Marketing die Diskussion um den „Hybriden Kunden“ gar nicht gegeben. Kleid von Dior, Schampus vom Aldi… überspitzt gesagt.
Karl und Theo Albrechts und ihre Getreuen haben ihr Verkaufssystem fein austariert. Selbstbedienung, ein begrenztes Sortiment aus Eigenmarken, riesige Bestellmengen, Aktionswaren für Umsatz und vor allem Frequenz. Die Qualität in der Regel ordentlich bis gut, das Kauferlebnis – mittlerweile kultig. Die breite, Schichten-übergreifende Akzeptanz von Aldi war nicht zu erwarten. Doch vielleicht schaffen das nur Unternehmer, die sich aus einfachsten Verhältnissen in die Forbes-Rangliste der reichsten Menschen der Welt gearbeitet haben, und immer in dem Bewusstsein leben, dass es oben und unten gibt.
Theo Albrecht ist vergangene Woche in Essen verstorben und ebenso still und leise beigesetzt worden, wie er immer agierte. Schlicht nimmt das Unternehmen Abschied von ihm, wie die Anzeige auf der Homepage www.aldi-nord.de zeigt:
Ein paar Worte mehr dürfen es schon sein. Gemeinsam mit einer anderen großen Handelsfamilie, den Ottos, sind sie nachhaltig erfolgreichsten Einzelhändler Deutschlands. Niemand hat die Art und Weise, wie die Deutschen einkaufen, so geprägt wie sie. Noch sind ihre die Aldiimperien Nord und Süd zusammen größer als Lidl, aber Netto (Edeka) schließt nach der Plus-Übernahme von hinten auf. Aldi ist der Schwung etwas verloren gegangen. Vielleicht liegt es ja daran, dass an dem einzigen Kratzer in Theo Albrechts Unternehmerleistung wirklich etwas dran ist: Er hat keine jüngere Führungsmannschaft aufgebaut. Siehe oben.
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