Etwas seltsam sehen sie aus, die Herren von „Rain – The Beatles Experience“.

Irgendwie wie Ringo, George, Paul und John und irgendwie auch nicht, hingemodelt auf den Look derer, mit deren Musik sie durch Musical- und andere Theater ziehen und deren Klanglegenden zum Besten geben. Die Fans finden es prima. Irgendwann stehen sie, klatschen rhythmisch-seelig mit und freuen sich, dass die Band so klingt, wie die Fab Four damals, in den 60-er Jahren, auch klangen. Pure Nostalgie. Aber diese auch in Deutschland häufig zu sehende und kürzlich aus Einsfestival im TV übertragene Show findet ihr Publikum. Wie so ziemlich alles, was unter der Marke Beatles oder Lennon oder McCartney veröffentlich wird. 40 Jahre nach ihrer Auflösung sind die Beatles immer noch eine feste Umssatzsäule. Dank ihrer Musik. Und dank cleveren Marketings.

Kein Wunder also, dass der 30. Todestag von John Lennon am 8. Dezember Anlass bot für eine Produktoffensive. Es gibt ein Best-of-Album, das x-te, aber natürlich remastered, dazu eine Variante mit DVD und en plus noch eine Box mit noch mehr guten Musiken des Friedensmannes. Und dann noch eine sound-technisch entschlackte Version von Double Fantasy, dem Album, das er zusammen mit Yoko Ono kurz vor seinem Tod herausgegeben hatte. Für den Fan wird es ganz schon teuer, denn es ist noch gar nicht so lange her, dass alle Beatles-LPs in einer technisch blitzsauberenÜberarbeitung erschienen sind. Außerdem gibt es die Beatles noch als Videospiel (Beatles Rockstar). Und wer Lennon sagt, sagt häufig auch McCartney, und der hat sein 70-er Jahre Erfolgsalbum mit den Wings, „Band on the run“, ebenfalls „re-issued“, wie es in bestem Business-Englisch heißt. Und dann war da ja noch vor ein paar Jahren „Love“, mit dem es insofern eine besondere Bewandniss hatte, als dass Beatles-Produzent George Martin und Sohn die Beatles-Songs neu zusammengeschnipselt haben und ihnen so etwas Neuigkeitswert gaben. Gedacht war die Platte für eine Show des Cirque de Soleil in Las Vegas.

Das macht geschäftlich durchaus Sinn. Die Beatles gehören immer noch zu den Superstars im Musikgeschäft. 30 Millionen verkaufte Schallplatten registrierte Nielsen für das letzte Jahrzehnt, die Single-Kompilation “1” soll mit 11,5 Millionen Stück das meistverkaufte Album der 2000er Jahre gewesen sein. Yeah, Yeah, Yeah. Nun, da die erste Kaufbereitschaft der remasterten Beatles durchaus premiumpreisig abgeschöpft wurde, folgte der nächste Coup: The Beatles on iTunes. Lange war es erwartet worden, viele Fans hatten darauf gehofft. Auf dass die Beatlemania ewig wäre und die Kassen genauso lange klingeln. Vor allem bei EMI, der Plattenfirmam, der das Gros der Rechte an den Beatles-Songs gehören, aber auch bei den zwei verbliebenen Beatles Ringo Starr und Paul sowie den Witwen von John Lennon und George Harrison. Allein in der ersten Woche sollen zwei Millionen Songs heruntergeladen worden sein. Was für die Liebhaber der vier sensationell ist, verursacht in der Branche aber nur Kopfschütteln. Warum erst jetzt?

So werden die Musikfans überschwemmt mit Wiederveröffentlichungen, die digital überarbeitet und mit dem einen oder anderen Zusatzmaterial ergänzt. Wo die Beatles nah sind, sind die Rollings Stones nicht weit. Noch sind die alten Recken on the road, also noch nicht im posthumen Vermarktungsstadium angelangt. Aber die Re-Issues des legendären Live-Albums „Get yer ya ya´s out“ und der gemeinhin als beste Stones-Scheibe geadelten „Exile on Main Street“ zeigen auch hier, dass die einstigen Antagonisten der Beatles die Vermarktungsmaschine längst angeschmissen haben.

In Zeiten, in denen sich die Digitalisierung gleich zweimal Musik von einst bemächtigt, nämlich zur fortwährenden technischen Verbesserung und als Vertriebsweg, wächst die Sehnsucht nach kinsterndem Vinyl, nach dem warmen Sound der LP, dem leisen Klack wenn sich die Nadel in die Rille setzt…. Man müsste darüber schreiben, vielleicht mit dem neuen Stift von Montblanc, dessen Clip die Form eines Gitarrenhalses hat, der gerillt ist wie eine gute alte Schalteplatte und der klein und zierlich ein Konterfei John Lennons trägt…. und der tatsächlich beworben wird mit den Worten: “To John. With Love and Peace.” Sicher.