M-Awards: Marketing mit Berliner Schnauze

In Berlin einen Marketing-Preis zu vergeben ist kein leichtes Unterfangen. Nicht dass die Stadt nicht kreativ wäre. Ganz im Gegenteil, sie  brodeld förmlich. Aber namhafte Werbungtreibende gibt es nur wenige, und somit  fehlt der Marketing-Szene in Berlin eine Grundlage, wie sie in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt oder München zu finden ist. Berlin ist Bundeshauptstadt, aber in Sachen Marketing noch weit vom Metropolen-Status entfernt. Und doch ist das Marketing in Berlin quicklebendig. Für seine M-Awards, die gestern Abend im ehrwürdigen Meistersaal vergeben wurden, hat der Marketing-Club die quirlig-kreative Szene der Stadt aktiviert.

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Strukturwandel

Hier mein Editorial aus absatzwirtschaft Ausgabe 10/2010:

absatzwirtschaft Ausgabe 10/2010

Wer etwas über Strukturwandel lernen möchte, der besuche Dortmund. Die Stadt steckt immer noch in der Entwicklung vom einstigen Kohle- und Stahlstandort zum Zentrum für Dienstleistungen und Technologie, hat auf der Wegstrecke aber schon einige Etappen erfolgreich hinter sich gebracht. (more…)

Deutscher Marketing-Tag 2009: Wow, das hast Du gut gemacht…

Kleine Nachlese zum Deutschen Marketing-Tag 2009 in Berlin: Über 400 Marketers feierten den Gewinner des Deutschen Marketing-Preises, Schwarzkopf. Für Tina Müller, Chefin des Consumergeschäfts, und Henkels Chefmarktforscher Hans-Willi Prof. Dr. Schroiff, war es ein weiteres Highlight in einem von Feiern und Awards durchzogenen Jahr. Die Haarpflegemarke feiert sich aus Anlass des 111-jährigen Bestehen in diesem Jahr ausgiebig selbst. Aber sie hat auch allen Grund dazu, wie an dieser Stelle schon berichtet wurde. Schwarzkopf bleibt der Wachstumsmotor bei Henkel und hat mit dem Launch der neuen Marke Syoss seiner Erfolgsgeschichte ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Dass die Marke in der heutigen Hauptstadt von Apotheker Schwarzkopf gegründet wurde, machte die Preisverleihung in Berlin natürlich noch eine Spur charmanter.

Vor allem die Teilnehmer des Vorabendtermins am Donnerstag spürten, dass der Mantel der Geschichte wieder einmal wehte. Der Axel Springer-Verlag hatte in seinen exklusiven Journalistenclub geladen, von wo aus schon der Verlagsgründer den Blick zwischen Ost und West schweifen lassen konnte. Dort liegt ein Mauerstück, das Helmut Kohl, George Bush sen. und Michael Gorbatschow vor zehn Jahren signierten. Am Marketingtags-Wochenende waren sie wieder da, um 20 Jahre Mauerfall zu feiern. Mauer und Todesstreifen, auf den die Mitarbeiter früher aus dem mit Bedacht an die damalige Sektorengrenze gebauten Hochhaus blickten, sind längst verschwunden. Und es bedurfte schon ortskundiger Hinweise von Alexander Sempf (Axel Springer Media Impact)  oder seines Chefs Peter Würtenberger, um den Verlauf zu erkennen und Checkpoint Charlie im Gewusel der Großstadt zu verorten. Die Besucher des Kongresses waren natürlich schon wieder weg, als sich die drei ehemaligen Staatsmänner einfanden. Trotz viel Berliner Schnauze durch Gastmoderatorin und Berliner Orginal Edith Schröder ging es natürlich in Vorträgen und Workshops prosaischer zu.

Berthold Figgen, Director Corporate Marketing bei Procter & Gamble, fasste das Motto „Keine Kompromisse – Marketing in der neuen Realität“ in diesen Punkten gut zusammen:

  • Bleiben Sie auf Kurs. Was man in guten Zeiten gelernt hat, gelte in Krisen umso mehr. Die Unternehmen sollten keine Preisschlachten führen, sondern Kaufbarrieren identifizieren und niederreißen.
  • Forcieren Sie Innovationen. Laut einer GfK-Analyse habe in vergangenen Krisen die Innovationskraft den Unterschied zwischen Gewinnern und Verlierern gemacht. P&G-Marketingvorstand Mark Pritchard habe das in diese Worte gefasst. „You can save on money, but not on ideas.“
  • Investieren Sie mutig und effizient. P&G hat konsequent antiyzyklisch seine Spendings in 2009 um 20 Prozent hochgefahren. Und stellt den Media-Mix auf die Probe. Mittels einer großangelegten Gattungsstudie klärt das Unternehmen, ob Online die Führungsrolle übernehmen kann. Ziel ist ein Paradigmenwechsel.
  • Schaffen Sie Vertrauen und Sicherheit. Zu dieser Forderung passt die Kooperation von Procter mit Unicef. Mit einer Packung Pampers-Windeln kann der Käufer eine Impfdosis gegen Tetanus bei Neugeborenen finanzieren. 12 Millionen Dosen sind´s bisher. Ziel ist, Tetanus bei Neugeborenen auszurotten, und zwar bis 2012.
  • Betonen Sie den Wert der Produkte. Grob definiert werde er durch den „wahrgenommenen Nutzen“ in Relation zum „wahrgenommenen“ Preis. Werterhaltend wirke sich bei Procter unter anderem die Portfoliopolitik aus. Statt den Preis von Pampers zu senken, sind mittlerweile zwei günstigere und in der Funktion reduzierte Produktlinien eingeführt worden (Pampers Simply Dry).
  • Nutzen Sie Kooperationen. Marketing-Koops senken die Kosten und machen das Angebot deutlich attraktiver. Procter ist mit seiner Plattform „for me“ dabei sehr aktiv und öffnet die Kommunikationswege für weitere Partner. Außerdem, so Figgen, sie die Kooperation mit dem Handel wichtig. Man müssen auf den Käufer eingehen, statt um Preise und Rabatte zu kreisen. Ein Beispiel dafür sei das Familiy-Manager-Programm der Metro-Tochter Real.
  • Und, last but not least, kümmern Sie sich um Ihre Mitarbeiter. Figgen sprach sich dafür aus, ihr Selbstvertrauen zu stärken. Dies erreiche man zum Beispiel, indem man in der Krise steigende Marktanteile in den Mittelpunkt stelle statt sinkende Umsätze. Es müsse in die Personalentwicklung investiert werden. Außerdem sei die Krise ein guter Zeitpunkt fürs Recruiting, weil viele gute Leute auf dem Markt seien.

Woher die Überschrift kommt fragen Sie sich? Von einem Improvisationstheater, der die sehnlichsten Wünsche der Marketers in Szenen und Musiken passte. Passt zu Figgens Schlussthese und lässt tief blicken, oder?

Deutscher Marketing-Tag 2008

„Erfolgsrezept Marketing – so geht´s!“ lautete Motto des Deutschen Marketing-Tags in München in diesem Jahr. Etwas generisch, mag man kritisch einwerfen, aber, am Ende doch wieder nicht und letztlich erfreulich aktuell. Denn: Effizienz ist zwar seit Jahren ein Thema, nun aber wieder brandaktuell, denn mit düsterem Blick auf 2009 wächst die Angst – nur nichts falsch machen! Jeder wird vom dem Kongress des Deutschen Marketing-Verbandes (DMV) seine eigenen Erkenntnisse mitnehmen, meine drei „Key Findings“ sind diese:

Klassische Werbung kann heute kaum noch erfolgreiche Marken aufbauen: Berater Erich Joachimsthaler von Vivaldi Partners beantwortete das mit einem klaren Nein. Er konfrontierte die Teilnehmer mit neuen Forschungsergebnissen, wonach sich die Zahl derer, die Vertrauen in den letzten 15 Jahren auf gut 25 Prozent halbiert habe. Neue Brands wie Google oder I-Pod seien letztlich groß geworden, weil sie das Leben der Menschen erleichtern und bereichern, und nicht durch Frontalwerbung. Dies gelte nicht nur für Marken der digitalen Welt, sondern auch für manche klassische Konsumgüter wie das Deo Axe von Unilever. Letztlich haben Brand Manager junge Männer wochenlang beobachtet, um einen Positionierungsansatz zu finden. Ergebnis: Jungs stinken, sie möchten nichts lieber als Mädchen aufreißen, sind darin aber alles andere als geschickt. So kam es zu der Womanizer-Werbung und einem sensationellen Erfolg: Axe ist in den USA Marktführer. Gemeinsam mit TV1 habe ich einige Video-Interviews mit Joachimsthaler und einigen anderen Praktikern und Forschern aufgezeichnet. Ab dem 4. Nvoember sind sie auf www.marketing-tag.de zu sehen.

Marketing kann ein Unternehmen nicht alleine ziehen. Eigentlich eine Binse, aber angesichts des beeindruckenden Vortrags von David Haines, dem einstigen Marketing-Chef von Vodafone und jetzigen CEO des Sanitärherstellers Grohe, muss das noch einmal gesagt hatte. Als er 2004 Peter Körfer-Schün ablöste, war die Skepsis doch groß, ob hier nicht ein Handlanger des Private Equity eine tradionsreiche Firma zerlegen würde. Falsch gedacht. Kosten gesenkt, Produktion gestrafft und beschleunigt, Cash-basierte Financials eingeführt,Vertrieb restrukuriert, das Design aufgefrischt, die Märkte intensiver bearbeitet – Grohe steht nach fünf Jahren Haines glänzend da, und das kommt eben nicht nur in der neuen Firmenzentrale in Düsseldorf zum Ausdruck. Die Marke, von Körfer-Schün über Jahre poliert und gestärkt, trägt das Unternehmen nun in die Zukunft. Haines strahlte trotz Wirtschaftskrise einen robusten Optimismus aus. Er hat eben alle Hausaufgaben gemacht, und nicht nur die, die Marketers Spaß machen. Private Equity at work – von wegen Heuschrecke.

Notwendig ist eine Balance zwischen Konzepttreue und Anpassung. Bei der Präsentation der Lufthansa, Gewinner des Deutschen Marketing-Preises 2008, fiel mir ein Punkt auf. So sehr sie die Marke auch hegen, pflegen und jeden „Touchpoint“ zum Kunden mit einer Markenbotschaft versehen, wenn es der Markt erfordert, beugen sie die reine Lehre ganz leicht, finden eine Schnittmenge zwischen der normativen Kraft des Faktischen und Markenzielen. Denn auch als Premiumbrand kann sich der Kranich nicht komplett dem Preisdruck entziehen, und im ehrenwerten „Hon Circle“ lässt sich eben kein Massengeschäft realisieren. Die „99 Euro“-Eckkampagne der Lufthansa hat über die Jahre eine vorbildliche Gesamtqualität erreicht. Sie signalisiert Preiswürdigkeit, ohne billig zu wirken, zahlt durch eine feinfühlige, empathische Bildgestaltung sogar noch aufs Premiumkonto der Lufthansa ein. Davon sollten sich alle Marketers inspirieren lassen, die vor der Notwendigkeit stehen, Preiszugeständnisse zu machen.

„Verantwortlich investieren – nachhaltig gewinnen“ – mit diesem Untertitel hat mein Kollege Peter Hanser die absatzwirtschaft-Sonderausgabe zum Deutschen Marketing-Tag 2008 versehen. Darin werden die Themen des Kongresses weiter vertieft, ergänzt und auf praktikabler Ebene dargestellt.