Datenschutz im Sumpf der Kompromisse

Nun liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Datenschutz vor. Es hätte schlimmer kommen können für die Direkt-Marketing-Branche, aber zufrieden kann sie nicht sein. Der An- und Verkauf von Adressen, neudeutsch Leads, ist ihr Treibstoff, und die Quellen dafür versiegen erst einmal. Der Verbraucher muss für alles und jedes eine Einwilligung geben, und dass er dies in großem Stile tut, erscheint doch ziemlich ausgeschlossen. Der Adresshandel wird zum Erliegen kommen.

Die Übergangsfrist von drei Jahren für die Nutzung von Altbeständen ist auch nur von begrenztem Nutzen, denn Adresssammlungen verlieren mit jedem Tag an Aktualität, Wirksamkeit und Wert. Immerhin, Empfehlungsmarketing bleibt zulässig, und das könnte eine interessante Konsequenz haben: All jene die, die eine bestehende Verbindung zum Kunden haben, werden für die Werbungtreibenden wieder zunehmend interessant. Clubs oder Verlage zum Beispiel, die ihren Abonnenten Angebote Dritter empfehlen. Dummerweise sind diese Vertrauensverhältnisse aber auch nur begrenzt mit zusätzlicher Werbung belastbar.

Nüchtern betrachtet, verliert die Politik mit dem neuen Datenschutzgesetz mehr als sie gewinnt. Die großen Datenskandale der letzten Monate sind schon durch die bestehende Rechtslage abgedeckt. Die neuen Vorschriften sind auch nicht geeignet, künftige Verstöße zu verhindern. Kriminelle Energie findet immer Wege, sich zu entladen. So beruhigt der Entwurf allenfalls die Volksseele und liefert der Großen Koalition ein Feigenblatt der Handlungsfähigkeit. Dass es ein eindeutiger Zielkonflikt ist, den Binnenkonsum ankurbeln zu wollen und gleichzeitig den Unternehmen die Vermarktungsinstrumente zu rauben, müsste jemand den Volksvertretern noch einmal deutlich sagen. Denn noch ist Zeit, frische Ideen in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen.

Geschieht dies nicht, droht zusätzliches Ungemach. Denn vieles im Gesetzentwurf ist Auslegungssache. Bis vor den Gerichten ersteinmal geklärt ist, was zulässig ist und was nicht, wird viel Zeit ins Land gehen. Übrigens, und das muss auch einmal gesagt werden, leiden unter den Neuregelungen auch die Verbraucher. Sie empfinden ja nicht jedes Mailing als Belästigung. Werbung dient eben auch der Information über neue Möglichkeiten, das Leben besser, angenehmer und vielleicht günstiger zu gestalten.

Dies sagend, muss auch noch einmal deutlich gemacht werden, dass für alle mit dem Direkt-Marketing befassten Anbietern und Unternehmen Seriösität und Qualitätssicherung im Vordergrund stehen müssen. Viele haben das längst erkannt, aber einige Billigheimer eben nicht. Um diese sollten Werbetreibende einen weiten Bogen machen.

Guck mal, wer da schreibt

Täglich flattern auch uns zu Hause Direct Mails in die Post. Das Gros kommt von Unternehmen, deren Kunden wir sind, und die Mailings haben doch mittlerweile einen erfreulichen Grad an Professionalität erreicht. Kaum grober Unfug, selten Ungebetenes. Aber eines wundert mich doch: die Absender. Glauben Unternehmen wirklich, dass ihre Kunden vom “Leiter Marketing und Vertrieb” angeschrieben werden wollen? Oder, noch schlimmer, vom “Leiter Kundenbindung”? Sie geben den Verbrauchern unterschwellig das Gefühl, dass das Unternehmen etwas von ihnen will und nicht etwas für sie tun möchte. Etwas mehr Charme und Empathie darf es schon sein. Ein “Leiter Kundenbetreuung” oder “Kundenservice” klingen doch zumindest ein wenig nach Fürsorge und Kümmertum. Wer hat bessere Vorschläge?