Der Pate: Erinnerung an Wilhelm Zundler, 1919 – 2014

Vernetzer, Förderer, Begeisterter: Wilhelm Zundler, der am 24. Mai im Alter von 94 Jahren gestorben ist, war weit mehr als ein erfolgreicher Fachmedien-Manager und Geschäftsführer der Verlagsgruppe Handelsblatt. Er hatte großen Anteil daran, dass sich das Marketing in Deutschland in den 1960er- und 1970er-Jahren rasch und erfolgreich etablieren konnte.

Nachdem ich im Jahr 2000 die Chefredaktion der absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing übernommen hatte, bin ich dem Privatier Wilhelm Zundler nur zweimal begegnet. Aber ich konnte mich darauf verlassen, dass er sich auch mehr als zwanzig Jahre nach seinem Wechsel in den Ruhestand regelmäßig telefonisch in der Redaktion melden würde. Um Freud und Leid mit unserem Blatt kundzutun, um über Farben und Layouts zu diskutieren, den Daumen über Titelseiten zu heben oder zu senken, und um uns immer wieder zu mahnen, es mit der Berichterstattung über Medien und Werbung nicht zu weit zu treiben. Der Platz im Heft gebühre dem “wahren Marketing”, und das war für ihn die strategische, die marktorientierte Unternehmensführung.

Klare Gedanken, klare Meinungen und seine ungebrochene Zuneigung zur absatzwirtschaft prägten diese Gespräche, von denen ich eines in besonderer Erinnerung habe. 2008, als die absatzwirtschaft 50 Jahre alt wurde, hatte ich ihn in einem Rückblick auf dieses halbe Jahrhundert als „Paten” der absatzwirtschaft bezeichnet. Er meldete sich daraufhin mit der wohl dunkelsten Stumme, die er hervorbringen konnte, und raunte ins Telefon: „Hier ist Ihr Pate.“ Er hat sich so  gefreut. Die Anspielung auf Marlon Brandos legendäre Filmrolle war ihm sofort klar, und ich glaube, die Doppeldeutigkeit hat ihm geschmeichelt. Von ihm, so kondolierte der Marketingclub Düsseldorf, konnte man viel „zu den Begriffen Mensch und Menschlichkeit, Markt und Marketing“ lernen. Aber er griff auch rigoros ins Geschehen ein, wenn er es für notwendig erachtete. Das prägnanteste Beispiel dafür, das ich kenne: Als die absatzwirtschaft in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre Unternehmen und Marketing heftig kritisierte und damit den Zorn prominenter Praktiker und Wissenschaftler auf sich zog, entließ er im Handstreich die komplette Redaktion. Doch der gleiche Mann, der vor solch unbequemen, harten Entscheidungen nicht zurückschreckte, konnte auch ungemein integrativ wirken. Und eine ganze Branche zusammenbringen.

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Abschiedseditorial für die absatzwirtschaft: Im Dienste der Idee

Heute erscheint Ausgabe 4/2013 der absatzwirtschaft. Für mich eine besondere, denn darin verabschiede ich mich mit dem  Editorial von Lesern, Redaktion, Herausgebern und Verlag. Aber nur in meiner Funktion als Chefredakteur der “asw”, denn ich freue mich auf neue Herausforderungen in der Marketing- und Medienbranche und bin ab Mai 2013 ganz Ohr für kreative Ideen und Herausforderungen. Hier der Text:

Nach zwölf Jahren verabschiede ich mich heute als Chefredakteur der absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing.  Der fortwährende Austausch mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, war mir in dieser Zeit eine geliebte Herausforderung. Ihre Hinweise und Ihre Kritik haben stets den Kurs des Heftes mitbestimmt und die Storys über Trends und Entwicklungen im Marketing befruchtet.

„Ist Marketing noch die Königsdisziplin?“, so lautete die Headline einer Titelgeschichte kurz bevor ich die Zeitschrift im Jahr 2000 von meinem Vorgänger Friedhelm Pälike übernahm. Damals habe ich die Frage gar nicht verstanden und hatte keine Zweifel: Marketing führt. In einer steilen Lernkurve wurde mir schnell deutlich, dass dies in vielen Unternehmen nicht gelebt wurde – und bis heute nicht wird. Chefredakteur der absatzwirtschaft zu sein bedeutet deshalb auch, Marketing für das Marketing zu betreiben.

Es ist ein Glücksfall, mit dem Deutschen Marketing-Verband (DMV) und den Marketing-Clubs Herausgeber hinter der Zeitschrift zu wissen, die den ideellen Sinn der absatzwirtschaft darin sehen, das Marketing im Dialog mit den klügsten Köpfen weiterzuentwickeln. Deshalb gilt mein Dank für das in mich gesetzte Vertrauen neben dem Verlag auch dem DMV. Das gemeinsame Engagement für das Marketing begründet den publizistischen Mehrwert der absatzwirtschaft.

Das Fazit nach zwölf Jahren als Chefredakteur: Marketing muss Königsdisziplin sein und bleiben. Die absatzwirtschaft steht im Dienste dieser Idee. Journalistisch geprägt, unabhängig, mehr Magazin als Fachzeitschrift, multimedial, aktuell und hintergründig zugleich, und immer in Kontakt mit Ihnen. Das wäre in dieser Qualität nicht möglich ohne unsere wunderbaren Autoren und die großartige Redaktion, bei der ich mich für die kreative, kollegiale und kraftvolle Zusammenarbeit herzlich bedanke.

In diesem Sinne: Bleiben Sie der absatzwirtschaft gewogen, und viel Erfolg und Ertrag mit Ihren Projekten und Aufgaben.