Die Liste der Verblichenen ist illuster und lang. Aber wer erinnert sich noch an Kepa, Kaufring oder Kaufhalle? Hat jemand noch vor Augen, dass Horten einmal selbständig war und mit der Erfindung des Galeria-Konzepts die letzte konzeptionelle Idee zur Zukunft der Warenhäuser hatte? Lange her. Jetzt blickt Hertie in den Abgrund und dem Kaufhof geht es wie Karstadt nicht wirklich gut, aber unter dem Metro-Dach lebt es sich noch etwas leichter als im wackeligen Gebilde der Karstadt-Mutter Arcandor. Die Kauf- und Warenhäuser haben ihre Kompetenzen verloren; gegen die schnellen Filialsysteme im Mode- und Parfümeriebereich, die Fachmärkte in der Technik und das Gesamterlebnis moderner Einkaufscenter tun sie sich mehr als schwer.
Arcandor hat nun ein Konsolidierungsprogramm vorgelegt. Vorstandschef Dr. Karl-Gerhard Eick sammelt all die Konzepte wieder ein, mit denen sein Vorgänger Dr. Thomas Middelhoff die Warenhäuser in eine bessere Zukunft führen wollte. Im Kern verfrachtet Arcandor alles, was nicht profitabel ist oder zum Kerngeschäft gehört, in eine neue Gesellschaft namens Atrys. Deren Aufgabe ist es, diese Teile “weiterzuentwickeln”, also zu retten, zu verkaufen oder zu schließen. Dass dort unrentable Karstadt-Häuser oder die Technikhäuser des Versenders Quelle landen, ist weder ein Wunder noch eine Überraschung.
Aber die Einsortierung der Karstadt Premium Group mit den Konzern-Flaggschiffen Alsterhaus (Hamburg, Bild), KaDeWe (Berlin) und Oberpollinger (München) in diese Verwertungsgesellschaft wirft Fragen auf. Von Middelhoff, dem die Sanierung des Konzerns nicht annähernd so gut gelang wie es die Außendarstellung suggerierte, waren diese Luxuskaufhäuser als Wachstums- und Zukunftsfeld definiert worden. Eick will sie offenbar nicht mehr haben, denn er stellt sie mit diesem Schritt quasi zum Verkauf. Gestern noch dachte Karstadt über eine Internationalisierung nach, prüfte zum Beispiel Standorte wie St. Petersburg, heute will das Unternehmen davon nichts mehr wissen. Die Begründung geriet eirig. Die Premiumhäuser zählten “international zu den erfolgreichsten und renommiertesten Warenhäusern”, gehörten aber “in Bezug auf ihre Zielkunden, Sortimente und Betriebsgröße” nicht zum Kerngeschäft der Karstadt-Filialen.
Indem Eick Middelhoffs Träume begräbt, wird er die Perfomance von Karstadt und Arcandor sicher kurzfristig verbessern, nach Berechnungen des Unternehmens um mehrere Hundert Millionen Euro. Langfristig raubt er der Retail Brand Karstadt die Überzeugungskraft. Die Luxushäuser als Impuls- und Innovationsgeber für die Sparte, aber auch als Imageträger fallen weg. Noch dazu stößt er verbelibenden Warenhäuser in einen Wettbewerb, den sie nicht gewinnen können. Denn Karstadt visiert nun eine Zielgruppe an, die man auf der Straße nicht trifft: “die profilierte Mitte”. Wer soll das sein?
Wahrscheinlich sind das genau die Verbraucher, die kürzlich von Serviceplan, Facit und Dr. Wieselhuber & Partner zum Konsumverhalten befragt worden sind (n=3000). Ergebnis: Douglas, dm sowie die Unternehmen Alnatura und Jack Wolfskin sind die derzeitigen Top-Unternehmen aus Verbrauchersicht, gefolgt von Basic, Body Shop, Ikea, Toys’’R’’Us, Baby Walz, Pieper, Rossmann, Vedes, Höffner und Kaufland. Weniger gut schneiden der Lebensmitteleinzelhandel, die Mode- und Textilbranche und vor allem die Kauf- und Warenhäuser ab. Schlusslichter des Rankings sind Coop, Kaisers, Hertie, Schlecker und SB-Möbel Boss sowie Norma, Woolworth und KiK. Immerhin tauchen Karstadtund auch Kaufhof unter den Schlechtesten nicht auf, aber die Musik spielt aus Sicht des Verbrauchers eindeutig woanders.
Karstadt liegt in diesem Ranking auf einem recht unprofilierten Mittelplatz (27), ein paar Plätze vor dem Kaufhof (34). Was aber wirklich besorgniserregend ist: Aus Sicht der Konsumenten wird Karstadt als das Warenhaus wahrgenommen, das unter der Wirtschaftskrise besonders zu leiden hat. Stärker als Kaufhof, wo die Kunden ihr Geld, wenn sich das Portemaonnaie leert, offenbar lieber ausgeben, Karstadt steckt in der Klemme. Die Finanzen verbessern, das Filialnetz restrukturieren und gleichzeit die Zuneigung der Kunden zurückzugewinnen – das könnte eine Aufgabe zuviel sein.
Staatliche Hilfen können nicht die Rettung sein. Dafür ist der Wettbewerb im deutschen Einzelhandel zu intensiv und es würde zu einer Verzerrung kommen. Außerdem – siehe oben – stecken die Kauf- und Warenhäuser in einer Strukturkrise, die auch mit öffentlichen Mitteln oder Garantieren nicht zu bewältigen ist.