Editorial aus absatzwirtschaft 1_2/2010 zum Thema Digital Natives:

Vor zehn Jahren glaubten wir an eine Revolution in Wirtschaft und Kommunikation. Alle, die sich nicht irgendwie digital und im Webbusiness engagierten, wurden als “old economy” abgestempelt. Experten und Medien schrieben diesen Unternehmen arrogante Abschiedsworte. Auch an dieser Stelle. “Pardon, alte Industrien! Pardon, ihr Klassiker der Wirtschaft! Die absatzwirtschaft wird euch nicht vergessen”, hieß es Anfang 2000 in einem Editorial.
Mea culpa. Ein paar Monate später lag das Internetbusiness in Schutt und Asche. Die lange, mühselige Reise zurück ins Geschäft und die Trial- and Errorsuche nach neuen Erlösmodellen begann. Diese für Journalisten, echte und vermeintliche Experten (sowie viele Anleger!) traumatische Erfahrung macht vorsichtig. Wir hatten keine Ahnung.

Das ist bei der Generation, die jetzt in die Unternehmen eintritt, ganz anders. Viele der Nachwuchskräfte sind mit den digitalen Medien aufgewachsen.
Die Besten von ihnen bewegen sich darin souverän, schwimmen wie Fische in den Kanälen der neuen Medien und sind trotzdem nicht blind vor Begeisterung. Für sie ist es völlig normal, über Social Networks oder schnelle Messenger zu kommunizieren, sich in virtuellen Teams zusammen- statt in einen Konferenzraum einzuschließen. Diese “Digital Natives” werden die Wirtschaft wirklich verändern. Sie fragen nicht, ob das Web 2.0 eine Option ist, sondern verstehen nicht, wie man die Frage überhaupt stellen kann. Sie werden mit Innovationen wie “Software as a service” (die Programme liegen dabei im Internet und nicht auf dem Rechner) und Cloud Computing (dabei zieht man seine Daten und Anwendungen von verschiedenen Computern im Web) virtuos umgehen. Sie sind in der Lage, aus dem Bauch heraus richtige Entscheidungen in diesem Feld zu treffen, weil sie mit den neuen Möglichkeiten sozialisiert worden sind.

Es ist für jedes Unternehmen ein Stück Zukunftssicherung, solche Talente in den eigenen Reihen zu haben. Besonders im Marketing, das seine Zielgruppen ab 14 Jahren aufwärts definiert. Glaubt jemand ernsthaft, diese Mädchen und Jungen mit einer Printanzeige für sich begeistern zu können?
Gesucht werden also High Potentials, die nicht nur spielen wollen, sondern ihre Kompetenz mit Richtung und Ziel entwickeln.
Auf, auf, liebe Personaler. Überlassen Sie nicht alle Guten Google und Co. Wer es nicht glaubt, der lasse sich von unserer Titelgeschichte über die jungen Marketer inspirieren.

Diese Generation sorgt für die echte digitale Revolution.

Ihr Christoph Berdi,

Chefredakteur