Wa(h)re Weihnacht

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Foto: Coca-Cola

Der Weihnachtsmann ist zum milliardenschweren Wirtschaftsfaktor geworden – und zum Treiber einer immer effizienteren Warendistribution. War da nicht noch etwas, was Weihnachten ausmacht? Diese Kolumne erschien kürzlich in der Reihe “Berdis Business” in der Zeitschrift energo.

Vor 180 Jahren dichtete Hoffmann von Fallersleben jene Zeilen, die Kindern seitdem glänzende Augen bescheren und für Erwachsene durchaus wie eine Drohung klingen: „Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben…“ Nein, morgen kommt er noch nicht. Aber bald wird er auf seinem Schlitten durch die Luft iegen, sich durch die Kamine quetschen und Unmengen Geschenke unter die Weihnachtsbäume legen – der Einzelhandel erwartet im November und Dezember Gesamtumsätze von 85 Milliarden Euro.

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Bild: Coca-Cola

Die meisten Präsente, gut 64 Prozent, werden Gutscheine sein, was seine Arbeit ungemein erleichtert. So passen mehr Geschenke in seinen Sack als in früheren Zeiten, als Ritterburgen und Puppenhäuser abgeliefert werden mussten. Wenn da nur nicht diese vielen Spielekonsolen und Computer wären!

Hartnäckig hält der Weihnachtsmann die Mär aufrecht, er sitze am Nordpol und stelle in einer riesigen Fabrik zumindest das Spielzeug her. Zu den Geschenken für Erwachsene verweigert er jede Aussage. Aber das macht nichts, es weiß doch jedes Kind, dass die Erwachsenen jedes Jahr im Durchschnitt gut 250 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Doch nachdem sie die Regale und Lager der Online-Händler geplündert haben, ist der Weihnachtsmann dran. Und wie er dann den weltweiten Standard für effiziente Warendistrubution setzt, das ist schon bewundernswert.

Wie niemand sonst hat übrigens Coca-Cola unser Bild vom Weihnachtsmann geprägt: Seit den 1930er-Jahren spannt der Brausekonzern den Weihnachtsmann in roter Uniform, mit Bauch und roten Backen vor seinen Marketingkarren. Doch es war der aus Deutschland stammende Zeichner Thomas Nast, dem das heutige Erscheinungsbild für den Weihnachtsmann bereits 1863 für das US-Magazin „Harper’s Weekly“ in den Sinn kam. Sogar schon komplett mit Rentierschlitten. An das Leittier Rudolph mit der roten Nase, das später durch Bücher und Kinofime berühmt wurde, hatte Nast aber noch nicht gedacht. Diese Idee hatte Ende der 1930er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts die mittlerweile verblichene amerikanische Kaufhauskette Montgomery Ward.

Der Weihnachtsmann ist untrennbar mit der Lust am Schenken verbunden. War da nicht noch etwas, was diese Zeit am Ende des Jahres ausmacht? Vielleicht gönnen wir ihm in diesem Jahr etwas Ruhe vom Konsumstress. Etwas weniger Kaufrausch, etwas mehr Besinnung. Jeder auf sich selbst, auf seine Nächsten und die vielen Menschen, die wie einst Maria und Josef im Moment nichts anderes suchen als eine Zuflucht. Diese Haltung würde nicht nur dem Weihnachtsmann das Leben ein wenig leichter machen …

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Wer die Geschichte von Coca-Cola und dem Weihnachtsmann noch etwas genauer nachlesen möchte, der wird hier fündig:

auf der Website markenlexikon.com von Professor Karsten Kilian

und in diesem Beitrag des Manager Magazins von 2013:

Wie Coca-Cola den Weihnachtsmann nicht erfand

Integration à la FC Bayern München

Ab heute rollt der Ball wieder in der Fußball-Bundesliga, den Auftakt geben der Hamburger SV und der FC Bayern München. Nicht nur sportlich wird es sich wieder lohnen, den Bayern auf die Füße zu schauen. Auch über Diversität können Manager etwas von ihnen lernen. 

Deutschland ist Exportweltmeister, darf sich darüber aber nicht so richtig freuen: Einigen Kritikern ist Deutschland dann doch zu erfolgreich, quasi wie der FC Bayern der Weltwirtschaft. So sieht es zum Beispiel Brüssel. Statt es sich mit dem immensen Exportüberschuss gutgehen zu lassen, solle Deutschland mehr Waren und Dienstleistungen importieren und investieren – und der Konjunktur im europäischen Binnenmarkt so Impulse geben. Die USA sind auch sauer und klingen ein bisschen wie der BVB, der feststellen muss, dass er an den FC Bayern München doch nicht dauerhaft heranreicht: Das extreme Plus der deutschen Exporte gegenüber den Importen zwinge andere Länder zum Schuldenmachen. Offenkundig geht es den Amerikanern aber nur darum, nach der Wirtschaftskrise Ende der 2000er-Jahre wieder Boden gutzumachen. Deutschlands Wirtschaft zieht konzentrische Kreise um die Welt und ist damit immens erfolgreich.

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Auf der Messe hilft kein beten

Teekesselchen nennen Kinder Worte mit zwei- bis mehrfacher Bedeutung. Wie Messe. Sie ist der Gläubigen liebste Bet- und Bessinungsversammlung in Kapelle, Kirche oder Kathedrale und der Unternehmen liebste Vertriebs- und Marketingveranstaltung in Showroom, Stadt- oder Messehalle.

Doch so recht teekesselt es da nicht, denn beide haben mehr miteinander zu tun, als es auf den ersten Blick scheint. Werfen wir also einen Blick in ein etymologisches Lexikon, das die sprachliche Herkunft von Worten zu klären versucht: Messe kommt vom lateinischen Missa, womit einst ein Teil der Liturgie gemeint war, und mauserte sich im Laufe der Jahrhunderte zum Begriff für die Gottesdienste. Nahe der Kirchen – ist auch logisch, es waren ja eh fast alle gottesfürchtig und anwesend – wurden Märkte veranstaltet. Vor den Kirchen, denn schliesslich hatte schon Jesus die Händler aus dem Tempel gejagt. Bereits im 14. Jahrhundert hüpfte das Wort aus dem spirituellen Kontext in die schnöde Welt des Kommerz. Aktenkundig ist zum Beispiel eine Handelsmesse in Frankfurt in jener Zeit.

Diese historische Verbindung von Handel und Religion lädt förmlich zu einem metaphorischen Parforceritt ein. Sind die pompösen Messestände nicht Kathedralen, ja Tempel der Ersatzreligion Marke, für die Konzerne teilweise Millionen Euro ausgeben? Überwältigen sie den Messebesucher nicht genauso, wie Kirchen die Gläubigen, ziehen sie ihn nicht genauso in den Bann und lassen ihn in die Knie gehen?

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