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Der Sanitärhändler Reuter.de distanziert sich mit dieser Kampagne von Preisabsprachen in seiner Branche – über Geschmack lässt sich dabei streiten.

(-ber) Es gilt erst einmal die Unschuldsvermutung für jene Brauereien, die aktuell unter dem Verdacht verbotener Preisabsprachen stehen. Laut “Focus” sollen sich zwölf Brauereien mit einem Marktanteil von 50 Prozent daran beteiligt haben. Ermittelt werde unter anderem gegen Carlsberg, In-Bev (Becks), Erdinger, Bitburger, Krombacher und Oetker.

In der Haut ihrer Vertriebler, die bei den Einzelhandelskonzernen antreten müssen, um über Listungen und Volumen zu verhandeln, möchte ich nun nicht stecken. Überhöhte Preise hassen die wie die Pest, und über den Tisch gezogenen zu werden umso mehr. Sie werden ihre Lieferanten grillen. Etwaige Bußgelder des Bundeskartellamts wären dagegen ein Klacks. Da es hier um eines der Lieblingsgetränke der Deutschen geht, ist das Thema “Preisabsprachen” nun auf dem Boulevard und an den Stammtischen angelangt. Sollten sich die Verdachtsmomente erhärten, haben die beteiligten Brauereien sich und den Markenartikeln insgesamt einen Bärendienst erweisen und ihre Preisgestaltung in Verruf gebracht.

Andreas Mundt, Chef des Bundeskartellamts, hat ein scharfes Auge auf die Kungelrunden der deutschen Wirtschaft.

Andreas Mundt, Chef des Bundeskartellamts, hat ein scharfes Auge auf die Kungelrunden der deutschen Wirtschaft.

Aber da wären sie in guter Gesellschaft. Wer auf der Website des Bundeskartellamts recherchiert, der kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Preisabsprachen sind in der deutschen Wirtschaft gang und gäbe. Geprellt werden die Kunden – ob im Business-to-Business, oder im Business-to-Consumer-Bereich, wo es gleich den Handel und die Endverbraucher trifft. Allein in den letzten Monaten kaschten sich die Kartellwächter das Who-is-Who der Süßwarenhersteller sowie den Verband Deutscher Mühlen e.V. und 22 Unternehmen der Mehl-Branche. Sie führten Durchsuchungen im Sanitärgroßhandel durch, weil sie dort ein “System der Preiskoordinierung” vermuten. Im Bußgeldverfahren gegen Hersteller von Drogerieartikeln wurde in diesem Monat auch der Markenverband bestraft, weil seine Verbandssitzungen von 2004 bis 2006 für den Informationsaustausch genutzt wurden.

Bundesweit klagen nun im Business-to-Business-Markt Unternehmen gegen ihre Lieferanten. Ein Schienenkartell, dem etwa Thyssen-Krupp angehörte, muss sich mit Forderungen etlicher Verkehrsunternehmen auseinandersetzen. Allein die Deutsche Bahn klagt auf eine Milliarde Euro Schadenersatz. Die Rheinische Post beschreibt in ihrer Ausgabe von Freitag, 22. März 2013, dass es dabei vor sich ging wie in einem Agenten-B-Movie. Die Unterhändler im Schienenkartell trugen so wunderbare Tarnnamen wie “Zahnlücke”, “HB-Männchen” und “Der Schöne”. Fehlt wirklich nur noch, dass sie Trenchcoats, Filzhüte und Sonnenbrillen bei ihren Zusammenkünften trugen.

Das Risiko, aufzufliegen, ist immens. Dafür sorgt die Kronzeugenregelung. Voestalpine hat zum Beispiel das Schienenkartell durch Selbstanzeige platzen lassen, Ritter Sport sich als Kornzeuge aus einer Preisabsprache mit Kraft Foods gewunden. Genüsslich führt das Bundeskartellamt in seinen Meldungen auf, wer gesungen und kooperiert hat. So heißt es zum Beispiel in der Meldung zu den Süßwarenherstellern: “Bei der Bußgeldfestsetzung wurde berücksichtigt, dass die Unternehmen Ritter, Nestlé, Kraft und Katjes bei der Aufklärung der jeweiligen Sachverhalte mit dem Bundeskartellamt kooperiert haben.” Sehr clever. Das Bundeskartellamt trägt den Keim des Zweifels in die Kungelrunden.

Zum Marketing gehört auch die Abschöpfung von Zahlungsbereitschaften. Das mag für Branchenfremde hart und ein wenig zynisch klingen, aber Marketing ist eine betriebswirtschaftliche Disziplin. Deshalb ist es legitim, wenn Unternehmen den gesetzlichen Rahmen ausschöpfen, um über die Stellschraube “Preis” die für sie optimale Relation von Umsatz und Ertrag zu finden. Aber mit “Power Pricing” ist nicht Betrug gemeint, und wer seine Preise durch illegale Absprachen mit Wettbewerbern hochhält, verspielt das Vertrauen von Kunden und Verbrauchern. Gerade für Markenartikler ist das eine Todsünde.