Studie stellt die Unique Selling Proposition (USP) in Frage

11.07.2011 – Manchmal bringt die Marketing-Wissenschaft Ergebnisse hervor, die die gängige Lehrmeinung und über Jahrzehnte erprobte Praxis gleichzeitig in Frage stellt. Diesmal erwischt es die USP, die Unique Selling Propositon, seit vielen Jahrzehnten eines der Lieblingsinstrumente der Marketer. Auf gut Deutsch: Eine neue Studie stellt das “Alleinstellungsmerkmal” zur Differenzierung von Produkten und Dienstleistungen zur Disposition.

Die Wissenschaftler Qing Wang von der Warwick Business School und Paurav Shukla von Glasgow Caledonian University London haben herausgefunden, dass Verbraucher auf die USP weniger geben als gemeinhin gedacht. Im Gegenteil, die Verbraucher fassen mehr Vertrauen in ihren Einkauf, wenn dieser Ähnlichkeit mit einem Wettbewerbsprodukt aufweist. Wang, seines Zeichens Professor für Marketing & Innovation, sagt laut einer Pressemeldung der Warwick Business School: “Die Unternehmen sollten aufhören zu versuchen, ihre USP zu finden. In der Tat haben wir festgestellt, dass ähnliche Attribute von Wettbewerbsprodukten die Verbraucher zuversichtlich stimmen, die richtige Wahl getroffen zu haben.”

Bestätigen wollten die Forscher eigentlich eine ganz andere These, nämlich dass die Ähnlichkeit zwischen Produkten die Verbraucher verwirrt. Dafür haben sie sich den Smartphone-Markt ausgesucht und 800 Engländer befragt. Die Ergebnisse der Studie “Linking sources of consumer confusion to decision satisfaction” wurden im Psychology and Marketing Journal veröffentlicht.

Software fehlt der Apple-Faktor….

 …. oder anders herum: Usability von Software ist ein Erfolgsfaktor für die Programmierschmieden. Das ist nun nicht neu, muss aber offenbar mal wieder gesagt werden, wie eine neue Umfrage unter 300 mittelständischen Firmen zeigt. Sie wurden zu Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit mit ihrer Unternehmenssoftware befragt. 70 Prozent der Anwender beklagten dabei, dass Software-Bedienprobleme ihre Produktivität mindern.

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Die Kunst des Weglassens

Eine ganze Taxifahrt quer durch Berlin rechtfertigte der freundliche Fahrer, warum er mich im Dacia Logan kutschierte und nicht in einer luxuriöseren Karosse. Sein Passat hat nach gut 300.000 runtergedieselten Kilometern den Geist aufgegeben. Glücklich war er darüber nicht. Der VW, so seine Meinung, hätte doch noch etwas länger laufen dürfen….

Von seinem Logan erwarte er das nicht. Frei von jedem Komfort, aber immerhin mit ausreichend Sicherheitsgurten und Airbags ausgestattet, zuckelt der Wagen zügig durch die Stadt. Wenn er nach ein paar Jahren in die ewige Schrottpresse einfährt – was soll´s? Er wird sich bezahlt gemacht haben. Der Fahrer grinst, freut sich diebisch darüber, dass er einen Logan hat und all die Abwrackprämien-Jäger noch Monate auf ihr Exemplar warten müssen.Das führt zu einer interessanten Frage: Ist weniger mehr? Muss das Marketing die Produkte abspecken, um die Menschen zu gewinnen?

Es gibt interessante Anzeichen dafür. Man denke nur an den großen Erfolg der Net-PC´s, jener Mini-Laptops, die mit Technik und Software von gestern und deutlich eingeschränktem Nutzen große Absatzerfolge feiern. Dem Mantra der ständigen Leistungsmaximierung in der Branche folgend, dürfte es die Schachteln gar nicht geben. Vor einger Zeit habe ich auf einem USA-Besuch eine Unternehmensberatung kennengelernt, die mittelständische Firmen bei der Produktentwicklung unterstützt. Eine Erfahrung der Berater war: Die originär entwickelten Geräte waren zu kompliziert und damit zu wenig eindeutig positioniert. Ein Handyprojekt strippten die Berater so lange herunter, bis sie ein hochintelligentes Babyfon auf dem Reißbrett hatten, das sich dann als sehr erfolgreich erwies.

Wie sagt Oberguerilliero Che Guevara so bedeutungsschwanger im Werbespot für den Logan und den Solero: „It´s time for another revolution.“ Darauf Karl Marx: “Che, it´s about what people need”. Sollten sich Kapitalismus und Sozialismus in diesem Punkt etwa einig sein?

PS: Wie der Taxifahrer den Berliner Sommer ohne Klimaanlage übersteht ist mir schon nach den paar warmen Frühlingstagen ein Rätsel.

Stumpfer Winkel, spitzes Marketing

Nicht nur die Finanzkrise hat die amerikanischen Autobauer ins Verderben gestürzt, sondern auch zu kurz gedachtes Marketing und fehlgeleitete oder fehlende strategische Planung. Während die Welt sich veränderte, haben die Hersteller dies beharrlich ignoriert und dicke, durstige Straßenschiffe gebaut und – dies ist schlimm – geplant. Andere haben aus Versehen das Richtige gemacht. Dafür ist die Daimler-Marke Smart ein gutes Beispiel. Einst als verkopftes und kaum vermittelbares „Mobilitätskonzept“ mit eigenen Parkplätzen und unverständlichen Slogans („Reduce to the Max“) gestartet, durch Überdehnung an den Rand des Ruins gebracht (Roadster und For Four), liegt der kleine Zweisitzer plötzlich und letztendlich im Trend. Klimawandel und Energiepreisen sei dank.

Dass es auch anders und strategischer durchdacht geht, zeigen Unternehmen wie Nestlé, die ihre kleingärtnerische Arbeit an Produkten, Marken und Märkten mit einer langwelligen Amplitude versehen haben: Nutrition, Health and Wellness sind die definierten Stoßrichtungen, in denen sich die Marken- und Produktmanager zu bewegen haben. Diese Dimensionen sollen nicht auf Kosten des Geschmacks gehen, sondern sich in der Leistung dazu addieren. Und die 60/40-Regel von Nestlé sagt, dass nur Produkte in den Markt gehen, die von 60 Prozent der Verbraucher gegenüber dem Wettbewerb präferiert werden. Nestlé hat mit klaren Vorgaben sichergestellt, dass das Angebot auch den langfristigen Entwicklungen folgt. Damit das so bleibt, wird auch in Forschung & Entwicklung investiert. Ein neues Programm erforscht die Ernährungsbedürfnisse von Sportlern, und mit einem zweiten Forschungszentrum für das Außer-Haus-Geschäft im US-Bundesstaat Ohio will Nestlé von diesem Wachstumsmarkt künftig noch stärker profitieren.

Manche Wirtschaftszweige kommen um diese Denke gar nicht herum. Die Wintersport-Industrie macht sich natürlich völlig zu Recht viele Gedanken darüber, was denn die Temperaturerhöhung, die sinkende Schneesicherheit und der demopgraphische Wandel für sie bedeuten. Den noch schnelleren und wendigeren Carver-Ski wird es sicher geben, das nächste Trendboard auch, aber die Industrie braucht neue Betätigungsfelder. Die Sportmesse Ispo hat deshalb eine Studie zur Zukunft des Skisports in Auftrag gegeben. Skifahren als ganzjähriges Bergerlebnis Natur-, Stadt- oder virtuellem Erlebnis sind neben Internationalisierung und Investitionen in bestehende Angebote Optionen für die Entwicklung der Industrie.

Ob die Betrachtungsweise nun ausreichend ist und die zur Untermauerung und Präzisierung geführten 30 Experteninterviews für die notwendige Belastbarkeit der Ergebnisse sorgen, sei einmal dahingestellt. Aber der weite Blickwinkel ist goldrichtig. In der Mathematik nennt man solche Winkel stumpf. Marketing machen sie spitz.

Trojaner und Tragödien

Die Sache mit dem geschenkten Gaul ist den Trojanern nicht gut bekommen. Das weiß jedes Kind. Wenn nicht seit Homer, dann seit Brad Pitt, der vor ein paar Jahren in einem Hollywood-Aufguss dieser Tragödie die Hauptrolle spielte. Als Achilles war der Mime mit seinen Griechen im Pferd versteckt und überwältigte in der Dunkelheit die Trojaner.

Die Geschichte will den Menschen nicht so recht aus dem Kopf gehen. Sie haben es sich angewöhnt, selbst hinter den freundlichsten Angeboten erst einmal jene List und Tücke zu vermuten, für die damals an den trojanischen Gestaden ein gewisser Odysseus verantwortlich zeichnete. Das behaupten zumindest die Forscher des renommierten Gottlieb-Duttweiler-Instituts in der Schweiz. Ihr hartes Urteil: „Ob in Werbung, Politik, Web-2.0, bei Lebensmitteln oder Autos: Kein Produkt ist, was es zu sein vorgibt. Das Misstrauen der Konsumenten wächst, je mehr Anbieter ihnen solche trojanischen Pferde präsentieren.“

Es fällt schwer, ihnen zu widersprechen. Man stelle sich nur mal den typischen Kleinanleger vor, der den Anlagetipps des Bänkers seines Vertrauens folgen soll, während sich das gleiche Geldinstitut gerade auf dem Finanzmarkt verzockt hat.

Den Verlust des Vertrauens und nehmen viele Unternehmen um des schnellen Euro willens in Kauf. Ist es nicht eine Tragödie antiken Ausmaßes, dass sie sich damit in ihrer Ignoranz quasi ein trojanisches Pferd auf den eigenen Hof stellen?