Nicht nur die Finanzkrise hat die amerikanischen Autobauer ins Verderben gestürzt, sondern auch zu kurz gedachtes Marketing und fehlgeleitete oder fehlende strategische Planung. Während die Welt sich veränderte, haben die Hersteller dies beharrlich ignoriert und dicke, durstige Straßenschiffe gebaut und – dies ist schlimm – geplant. Andere haben aus Versehen das Richtige gemacht. Dafür ist die Daimler-Marke Smart ein gutes Beispiel. Einst als verkopftes und kaum vermittelbares „Mobilitätskonzept“ mit eigenen Parkplätzen und unverständlichen Slogans („Reduce to the Max“) gestartet, durch Überdehnung an den Rand des Ruins gebracht (Roadster und For Four), liegt der kleine Zweisitzer plötzlich und letztendlich im Trend. Klimawandel und Energiepreisen sei dank.
Dass es auch anders und strategischer durchdacht geht, zeigen Unternehmen wie Nestlé, die ihre kleingärtnerische Arbeit an Produkten, Marken und Märkten mit einer langwelligen Amplitude versehen haben: Nutrition, Health and Wellness sind die definierten Stoßrichtungen, in denen sich die Marken- und Produktmanager zu bewegen haben. Diese Dimensionen sollen nicht auf Kosten des Geschmacks gehen, sondern sich in der Leistung dazu addieren. Und die 60/40-Regel von Nestlé sagt, dass nur Produkte in den Markt gehen, die von 60 Prozent der Verbraucher gegenüber dem Wettbewerb präferiert werden. Nestlé hat mit klaren Vorgaben sichergestellt, dass das Angebot auch den langfristigen Entwicklungen folgt. Damit das so bleibt, wird auch in Forschung & Entwicklung investiert. Ein neues Programm erforscht die Ernährungsbedürfnisse von Sportlern, und mit einem zweiten Forschungszentrum für das Außer-Haus-Geschäft im US-Bundesstaat Ohio will Nestlé von diesem Wachstumsmarkt künftig noch stärker profitieren.
Manche Wirtschaftszweige kommen um diese Denke gar nicht herum. Die Wintersport-Industrie macht sich natürlich völlig zu Recht viele Gedanken darüber, was denn die Temperaturerhöhung, die sinkende Schneesicherheit und der demopgraphische Wandel für sie bedeuten. Den noch schnelleren und wendigeren Carver-Ski wird es sicher geben, das nächste Trendboard auch, aber die Industrie braucht neue Betätigungsfelder. Die Sportmesse Ispo hat deshalb eine Studie zur Zukunft des Skisports in Auftrag gegeben. Skifahren als ganzjähriges Bergerlebnis Natur-, Stadt- oder virtuellem Erlebnis sind neben Internationalisierung und Investitionen in bestehende Angebote Optionen für die Entwicklung der Industrie.
Ob die Betrachtungsweise nun ausreichend ist und die zur Untermauerung und Präzisierung geführten 30 Experteninterviews für die notwendige Belastbarkeit der Ergebnisse sorgen, sei einmal dahingestellt. Aber der weite Blickwinkel ist goldrichtig. In der Mathematik nennt man solche Winkel stumpf. Marketing machen sie spitz.