Abschiedseditorial für die absatzwirtschaft: Im Dienste der Idee

Heute erscheint Ausgabe 4/2013 der absatzwirtschaft. Für mich eine besondere, denn darin verabschiede ich mich mit dem  Editorial von Lesern, Redaktion, Herausgebern und Verlag. Aber nur in meiner Funktion als Chefredakteur der “asw”, denn ich freue mich auf neue Herausforderungen in der Marketing- und Medienbranche und bin ab Mai 2013 ganz Ohr für kreative Ideen und Herausforderungen. Hier der Text:

Nach zwölf Jahren verabschiede ich mich heute als Chefredakteur der absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing.  Der fortwährende Austausch mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, war mir in dieser Zeit eine geliebte Herausforderung. Ihre Hinweise und Ihre Kritik haben stets den Kurs des Heftes mitbestimmt und die Storys über Trends und Entwicklungen im Marketing befruchtet.

„Ist Marketing noch die Königsdisziplin?“, so lautete die Headline einer Titelgeschichte kurz bevor ich die Zeitschrift im Jahr 2000 von meinem Vorgänger Friedhelm Pälike übernahm. Damals habe ich die Frage gar nicht verstanden und hatte keine Zweifel: Marketing führt. In einer steilen Lernkurve wurde mir schnell deutlich, dass dies in vielen Unternehmen nicht gelebt wurde – und bis heute nicht wird. Chefredakteur der absatzwirtschaft zu sein bedeutet deshalb auch, Marketing für das Marketing zu betreiben.

Es ist ein Glücksfall, mit dem Deutschen Marketing-Verband (DMV) und den Marketing-Clubs Herausgeber hinter der Zeitschrift zu wissen, die den ideellen Sinn der absatzwirtschaft darin sehen, das Marketing im Dialog mit den klügsten Köpfen weiterzuentwickeln. Deshalb gilt mein Dank für das in mich gesetzte Vertrauen neben dem Verlag auch dem DMV. Das gemeinsame Engagement für das Marketing begründet den publizistischen Mehrwert der absatzwirtschaft.

Das Fazit nach zwölf Jahren als Chefredakteur: Marketing muss Königsdisziplin sein und bleiben. Die absatzwirtschaft steht im Dienste dieser Idee. Journalistisch geprägt, unabhängig, mehr Magazin als Fachzeitschrift, multimedial, aktuell und hintergründig zugleich, und immer in Kontakt mit Ihnen. Das wäre in dieser Qualität nicht möglich ohne unsere wunderbaren Autoren und die großartige Redaktion, bei der ich mich für die kreative, kollegiale und kraftvolle Zusammenarbeit herzlich bedanke.

In diesem Sinne: Bleiben Sie der absatzwirtschaft gewogen, und viel Erfolg und Ertrag mit Ihren Projekten und Aufgaben.

Gelungenes Geschenk

Zauberhafte Idee: Armin Hingst und Michael Milewski von der Dortmunder Gestaltmanufaktur haben mir zum Abschied von absatzwirtschaft und eben auch Marken-Award eine Kiste mit Produkten der Marken-Award-Gewinner geschenkt. Und nicht nur das: Die Verpackung war ein liebevoll dem Anlass angeglichenes Cover der Marken-Award-Studie Brand Excellence. Hintergrund: Michael Milewski ist  seit einigen Jahren Autor der Case-Studys zum Marken-Award in der Sonderausgabe marken. Also: tausend Dank!!!!

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Ich glaube an Printjournalismus, weil…

Mit Kolleginnen und Kollegen aus Redaktion und Verlag habe ich meine Zeit in der Verlagsgruppe Handelsblatt und die zwölf Jahre bei der absatzwirtschaft gefeiert – und sie gebeten, im Gästebuch den Satz aus der Headline zu vervollständigen. Niedergeschrieben haben sie eine humorvolle Liebeserklärung an Print:

Ich glaube an Printjournalismus, weil…

… wachsende Unübersichtlichkeit auch keine Lösung ist,

… die Zeitung ein Kulturgut ist und bleibt,

…. die Franzosen mit dem Sprichwort Recht haben: “Papier spricht, wenn die Menschen schweigen”,

… man es anfassen kann, dran reichen, es hin und wieder verlegen, zerknüllen, wegwerfen. Un im Zweifel – auch das – kann man damit nasse Schuhe ausstopfen und LESEN, bevor es als Nährmittel für wunderbare Kaminnächte in kalten Wintern diesen kann 🙂

P.S: Ich habe keinen, aber theoretisch eine gute Investition

(more…)

All die guten Wünsche und Wertschätzungen…. :):)

Zu meinem Ausstieg bei absatzwirtschaft und Verlagsgruppe Handelsblatt erreichten mich per Mail, Telefon, im persönlichen Kontakt, über Xing und eben über Facebook viele, viele Reaktionen, über deren Wärme und Wertschätzung ich mich riesig gefreut habe. Auf Facebook hatte ich gespaßt, dass ich die Kommentare ausdrucken und aufhängen würde. Warum eigentlich nicht??? Here it is… und nun auch in meinem Arbeitszimmer als Balsam und Mutmacher.

 

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Das Marketing und die Wissenschaft…

Als Chefredakteur der absatzwirtschaft war es eines meiner Dauerbrenner-Themen, über die praxisferne der Wissenschaft und die tiefe Kluft zwischen Theoretikern und Marketern zu klagen. Diese Nadelstiche in den den Panzer des Universitätsbetriebs fanden auch andernorts Beachtung, und für das Wirtschaftsmagazin Energo, herausgegeben von einigen Stadtwerken im Ruhrgebiet, griff ich dazu auch in die Tasten:

Mitunter hat das Marketing in den Unternehmen einen schweren Stand. Kaum zeigen sich erste Krisenwölkchen am Firmament, werden Marketingetats und Werbeetats beschnitten, Personal reduziert und Fakten beiseite geschoben – nämlich dass Marketing eine Investition in den Erfolg von morgen und übermorgen ist. Leider fällt es Marketers mitunter schwer, dies zu belegen oder gar vorzurechnen, wie hoch denn der sogenannte „ROMI“, der „Return on Marketing
Investment“ eigentlich ist. Auch über 50 Jahre, nachdem das Marketing aus den USA nach Deutschland kam, sind also grundlegende Fragen zu diskutieren. Und man sollte meinen, dass die Marketing-Wissenschaft nichts Besseres zu tun hätte, als den Praktikern bei diesen Themen zu assistieren und Lösungen anzubieten.

Aber weit gefehlt. Anders als zum Beispiel in Naturwissenschaften, in denen neue wissenschaftliche Erkenntnisse in Windeseile ihren Weg in die unternehmerische Praxis finden, passiert im Marketing herzlich wenig. Das hat zwei Gründe: Erstens ist das ganze akademische Anreizsystem nicht darauf ausgerichtet, praxisrelevantes Wissen zu generieren. Wer als Marketing-Wissenschaftler etwas auf sich hält, produziert hochwissenschaftliche Beiträge für akademische A-Journals, für deren Lektüre Praktikern die Zeit fehlt und die sie inhaltlich oft schlicht überfordern….

Die Forschungsergebnisse zirkulieren somit praktisch nur in- nerhalb des akademischen Betriebs. Doch nicht nur das: Zweitens sind auch die Themen wenig brauchbar. Marketing gilt selbst unter seinen prominentesten Vertretern wie Marketing-Papst Professor Dr. Heribert Meffert, der Ende der 1960er-Jahre den ersten Lehrstuhl für Marketing an der Universität Münster gründete, als „Nachlaufwissenschaft“, die analysiert, was in der Praxis längst gang und gä- be ist. Und statt die drängenden, großen Fragen zu beantworten – siehe oben – vergräbt sie sich in Details und damit in der Irrelevanz. Wenn beispielsweise die Wirkung der Beleuchtung im Supermarkt zwischen 22 und 24 Uhr analysiert werde, habe das wenig Bezug zu den Bedürfnissen der Marketer, spottete Meffert kürzlich gegen- über der „absatzwirtschaft“.

Aber es ist nicht nur die Verwunderung eines alten Mannes, der das Marketing in Deutschland geprägt hat, die aus diesen Worten spricht. Er hat auch dieses Thema wissenschaftlich durchleuchtet, mit ernüchterndem Ergebnis: Nur acht Prozent der befragten Marketer nutzen wissenschaftliche Erkenntnisse intensiv für ihre tägliche Arbeit.

Man stelle sich vor, bei den Ärzten wäre das genauso …