Qualität betonen! Aber wie?

Auf dem IHK-Handelstag NRW am Anfang September in Köln habe ich einen Impulsvortrag zum Thema „Qualität betonen!“ gehalten. Auf Qualität zu setzen, so meine ersten Gedanken, ist doch im Einzelhandel eine Selbstverständlichkeit, worüber also reden? Bei genauem Hinsehen entpuppt sich die Qualitätsstrategie als schwierig, denn Qualität hat einige für Industrie und Handel gleichermaßen unangenehme Eigenschaften … Hier einige Auszüge aus meinem Vortrag:

1. Qualitität ist relativ

Natürlich gibt es eine objektive Seite der Qualität. Sie wird bestimmt durch State-of-the-Art-Technologie, feine Stoffe in der Modeindustrie und beste Zutaten bei Lebensmitteln, Nachhaltigkeit, begleitet von Normen und Gütesiegeln, die sagen: Hey, das hier ist gut. Und das Konzept des „Total Quality Management“ mit seinen Regeln, Audits und klar gegliederten Prozessen strebt natürlich an, ein aus Anbietersicht bestmögliches, verlässliches und reproduzierbare Ergebnis zu liefern. Soweit, so vielversprechend.

Am Ende zählt gerade für Einzelhandel aber nur eines: die durch die Zielgruppen und Kunden wahrgenommene Qualität. Qualitätsempfinden ist in einem großen Maße subjektiv. Was der eine großartig findet, lässt den anderen schaudern. Man denke nur an Hifi-Markt. Bei manchen Bluetooth-Lautsprechern, die ein begeisterter Käufer gerade für ziemlich klasse hält, stehen High-End-Enthusiasten die Haare zu Berge. Folgereichtet wird Qualität in der Marketinglehre auch als „Erfüllungsgrad eines individuellen Abnehmerbedürfnisses“ definiert.

Um es auf einen Nenner zu bringen: Qualität ist, was der Kunde für Qualität hält.

 2. Qualität ist selbstverständlich

Wir leben in einer Zeit, in der die Verbraucher so aufgeklärt sind wie nie. Sie sind über ihre Interessensgebiete manchmal besser im Bilde als die Verkäufer, und sie sind sich gegenseitig wichtig als Empfehler und Verkaufsberater. Gleichzeitig tun sie in immer stärkerem Maße über die sozialen Netzwerke kund, was sie von Innenstädten, von Läden, von Waren und Dienstleistungen halten. Sei es, indem sie Punkte und Sternchen vergeben, oder durch mehr oder weniger lange und fundierte Kommentare. Diese Transparenz und dieser Austausch tragen zusätzlich dazu bei, das Qualität als selbstverständlich wahrgenommen wird. Qualität zu bieten ist nichts Besonders, sondern eine „Commodity“: Bitte alles, in exzellenter Qualität, für wenig Geld. Es gibt Märkte, die stärker betroffen sind, etwas die Unterhaltungselektronik, und solche, die weniger betroffen sind. Aber es zeigt sich an diesem Trend doch eines: Qualität ist nicht das Tüpfelchen auf dem i für die Entscheidungen des Verbrauchers, sondern eine Voraussetzung. Wer Qualität feilbietet, hat noch nichts verkauft.

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Integration à la FC Bayern München

Ab heute rollt der Ball wieder in der Fußball-Bundesliga, den Auftakt geben der Hamburger SV und der FC Bayern München. Nicht nur sportlich wird es sich wieder lohnen, den Bayern auf die Füße zu schauen. Auch über Diversität können Manager etwas von ihnen lernen. 

Deutschland ist Exportweltmeister, darf sich darüber aber nicht so richtig freuen: Einigen Kritikern ist Deutschland dann doch zu erfolgreich, quasi wie der FC Bayern der Weltwirtschaft. So sieht es zum Beispiel Brüssel. Statt es sich mit dem immensen Exportüberschuss gutgehen zu lassen, solle Deutschland mehr Waren und Dienstleistungen importieren und investieren – und der Konjunktur im europäischen Binnenmarkt so Impulse geben. Die USA sind auch sauer und klingen ein bisschen wie der BVB, der feststellen muss, dass er an den FC Bayern München doch nicht dauerhaft heranreicht: Das extreme Plus der deutschen Exporte gegenüber den Importen zwinge andere Länder zum Schuldenmachen. Offenkundig geht es den Amerikanern aber nur darum, nach der Wirtschaftskrise Ende der 2000er-Jahre wieder Boden gutzumachen. Deutschlands Wirtschaft zieht konzentrische Kreise um die Welt und ist damit immens erfolgreich.

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Handel in der Innenstadt: Wissen ist überall 

Die „Dialogplattform Einzelhandel“ hat die Arbeit aufgenommen. Bis 2017 soll sie Empfehlungen für Politik, Kommunen und Wirtschaft entwickeln. Es geht um die Frage, wie zukunftsfähige Handelsstrukturen in Zeiten der Digitalisierung und des demografischen Wandels gestaltet werden können.

Mit einer dürren Passage verkündeten CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag von 2013 ihre Pläne für den Einzelhandel. Gemeinsam mit Unternehmen, Verbänden und Kommunen sollte eine Plattform ins Leben gerufen werden, sowohl um „die Verödung unserer Innenstädte zu verhindern, als auch, um die Versorgung im ländlichen Raum zu gewährleisten“. Es ist das Verdienst des HDE, dass diese dürftigen Sätze keine leeren Versprechungen der Politik bleiben, sondern als „Dialogplattform Einzelhandel“ einen breit angelegten Diskurs über die Zukunftsaussichten des Handels hervorgebracht haben. „Wir wollten ein möglichst dichtes Programm. Das hätten wir ohne den HDE gar nicht auf die Beine stellen können“, erklärte Sigmar Gabriel, Bundeswirtschaftsminister und Vorsitzender der SPD, bei der Auftaktveranstaltung mit über 200 Gästen in Berlin, und mochte das Projekt gar nicht hoch genug aufhängen: „Es geht auch darum, wie wir morgen miteinander leben wollen.“

Mein Beitrag über den Start der Dialogplattform Einzelhandel ist in handelsjournal 6/2015 erschienen. Übrigens: In der Headline steckt ein Wortspiel. Das löst sich nur für Weiterleser auf. Hier gibt es den gesamten Text:

Handel in der Innenstadt: Wissen ist überall | Handelsjournal

25 Jahre Efficient Consumer Response: „Die Zukunft passiert jetzt“

Efficient Consumer Response – unter dieser Maxime begannen Handel und Industrie vor 20 Jahren mit einer engen Zusammenarbeit. Vor dem ECR-Tag 2015 schauen dm-Chef Erich Harsch, Stephan Füsti-Molnár, Geschäftsführer Henkel Wasch- und Reinigungsmittel, und Jörg Pretzel, Geschäftsführer von GS1, zurück und nach vorn.

Unter dem Schlagwort „Efficient Consumer Response“ arbeiten Handel und Industrie seit zwei Jahrzehnten zusammen. Was ist erreicht worden?

ERICH HARSCH: Das Besondere an ECR ist das „C“, der Consumer, die gemeinsame Arbeit zum Wohle des Konsumenten als Alternative zu einer konfrontativen Haltung zwischen Handel und Industrie, bei der es dem Handel darum ging, Konditionen zu bolzen, und die Industrie die Ware reindrücken wollte. Jetzt fragen wir Schulter an Schulter nach den Bedürfnissen der Konsumenten. Eine gemeinsame Informationsbasis hilft, die Prozesse zu durchleuchten, besser zu verstehen und damit auch die besseren Entscheidungen für den Kunden zu treffen.
STEPHAN FÜSTI-MOLNÁR: Insbesondere auf der Supply-Side, also auf der Seite der Industrie, haben wir gesehen, dass jeder für sich nicht die Möglichkeiten hat, solche Potenziale zu heben, wie wir sie durch ECR-Kooperationen erreichen. Ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit liegt in der Standardisierung – dadurch können gemeinsame Prozesse optimiert und somit effizienter gestaltet werden. Diesem Weg haben sich Handel und Industrie erfolgreich in den letzten Jahren verschrieben
JÖRG PRETZEL: Mein wichtigstes Fazit ist: Die Kooperationsplattform hat gehalten. Die Verhandlungen zwischen Industrie und Handel sind nicht einfacher geworden, und trotzdem sitzen beide gemeinsam an einem Tisch. Es ist auch künftig das gemeinsame Ziel, ein verbessertes Angebot, eine höhere Warenverfügbarkeit und eine schnellere Belieferung im Interesse des Kunden zu erreichen. Wenn es uns nicht gelungen wäre, mit ECR diese Ebene der Kooperation zu schaffen und zu halten, dann würden wir heute auch nicht mehr dieses Interview führen.

Das Interview führte ich für die Ausgabe 6/2015 des handelsjournals. Den gesamten Text gibt es hier:

Interview: „Die Zukunft passiert jetzt“