Verzogene Kunden

Rabatt, reklamieren selbstbewusste Einzelhändler für sich, sei eine Stadt in Marokko. Im Möbelhandel scheint das nicht mehr zu gelten. Da ist Rabatt die Regel und Begräbnisstätte aller Bemühungen um eine strategische Preisführung. Gipfel jüngst, innerhalb weniger Tage gesammelter Erfahrungen: das Angebot eines Einrichtungshauses, wonach Kunden, die über den regulären Preis nicht verhandeln wollen, mit einer Spielekonsole Nintendo Wii und ähnlichen Goodies belohnt werden. Wer es genutzt hat, ist möglicherweise trotzdem der Dumme. Kurze Zeit später gab der Händler auf einen üppigen Teil seines Sortiments über 60 Prozent „Inventurrabatt“.

Fragwürdig ist auch das Verhalten eines Markenartiklers, der die Preise für sein Sofa-Sortiment wirklich hoch hält – aber bei einem Händler eine überraschend konsequente Ausnahme macht und hochwertige Sofas zu einem Aktionspreis anbietet. Angeblich nur jetzt und zeitlich begrenzt, kurioserweise aber über Wochen gestreckt mit immer dem gleichen Angebot. Kein Wunder, dass die Kunden solche Preise nun auch bei anderen Möbelhändlern im Umfeld einfordern. Deren Argument, dass der Sofa-Hersteller preislistentreu sei – pulverisiert.

Auch ein Lampenhersteller gibt die Preisstellung seine Marke freiwillig zum Abschluss frei. Eine markante Lampe aus seinem Sortiment ist schon in einem Einrichtungshaus ständig zum Aktionspreis zu haben, ein Warenhaus bietet das gleiche Modell aber noch günstiger an. Um der Vergleichbarkeit zu entgehen, hat das Warenhaus eine eigene Verpackung dafür. Leider haben beide Kaufstätten das Produkt zeitnah in der gleichen Zeitung beworben. Und durch die markante Form dürften es die Interessenten auch gemerkt haben.

Genauso putzig wie dieser „Verpackungstrick“ ist übrigens die Idee besagten Sofaanbieters, seine Aktionsmodelle durch verschiedene Namen zu tarnen. Bei dem einen Händler heißt das Modell dann – sagen wir mal – Katja und ist hochpreisig, bei dem anderen Karin und ist günstiger. In Zeiten, in denen viele Kunden sich übers Internet informieren, eine wirklich bahnbrechende Idee, die nichts bewirkt, außer Verkäufer in die Bredouille zu bringen.

Kein Wunder, dass die Kunden mittlerweile total verzogen sind. Wer zum ausgeflaggten Listenpreis kauft, muss das Gefühl haben, in diesem Spiel der Dumme zu sein. Genauso wie unser Lieblingsmöbelhändler, der allenfalls mal ein paar Prozente herausrückte, wenn man fürstlich einkaufte. Der ist nämlich insolvent. Unrettbar. Tschüss, Chalet. Und danke für ein tolles Wohngefühl.

Specsavers: Preisklassen statt Warenwelten

Im Einkaufscenter Arndale in Manchester bin ich kürzlich in ein Ladenlokal geraten, dass sein Warenangebot auf eine simple, aber klare und für den Kunden sofort einsichtige Art und Weise präsentiert hat: in Preisklassen. Specsavers heißt die Kette, die laut Reader´s Digest Britanniens “most trusted brands” unter den Optikern ist. Jede Wette, das die klaren Preisansagen zu diesem Vetrauensvorschuss entscheident beitragen. Die Preisklassen reichen von 25 bis 169 Pfund. Das zur Verfügung stehende Budget steuert den Kunden zur passenden Auswahl…. Natürlich gibt es alle möglichen Dienstleistungen und Zusatzprodukte rund um Brille und Kontaktlinse, doch das Pricing prägt die Marke. Und Werbung vom Typ “very british”:

Doug and Mary Perkins haben das Unternehmen 1984 gegründet – in ihrem Gästezimmer und mit einer Tischtennis-Platte als Auslage. Sie nutzten die Chance, die sich aus der Deregulierung des Optiker-Handwerks Anfang der 80-er Jahre in Großbritannien ergab. Mittlerweile gibt es weltweit über 1000 Specsavers-Läden, unter anderem in den Niederlanden, in Australien und Neuseeland.