The Joneses: Wenn die Marketing-Maschine durchdreht….

In den nächsten Tagen berichte ich Ihnen von Erlebnissen und Begegnungen in Cincinnati / USA, dem Sitz von Procter & Gamble, und nicht nur deshalb einem der weltweit wichtigsten Zentren für Markenführung. Schon der Flug hielt eine überraschende Einstimmung bereit: Im Flugzeug wurde der Film “The Joneses” (USA 2009) gezeigt, von dem ich bisher nichts gehört hatte. Die Joneses, eine schrecklich nette Familie, ziehen in eine neue Stadt. Die vier sind perfekt gestylt, gesellig, freundlich und offen für die Menschen am neuen Wohnort. Zu perfekt, zu gestylt und aus gutem Grund so wahnsinnig kommunikativ. Sie sind in Wahrheit nicht Mutter und Vater, Tochter und Sohn sondern ein Marketing-Team, das die neue Nachbarschaft für alle möglichen Konsumgüter begeistern soll. Und das tun sie, höchst effektiv, bringen Golfschläger, Fernsehgeräte, Lebensmittel und Kosmetika unters Stadtvolk. Das denkt freilich, es würde einer wunderbar-perfekten Familie nacheifern. Das kann nicht gut gehen, weder für die Joneses, die den ultimativen “Icon-Status” in ihrer Verkaufsorganisation anstreben, noch für ihre Kunden, die nicht wissen, dass sie welche sind…

“The Joneses” ist ein sehenswerter Film mit Demi Moore als ehrgeizige Mutter, ähem, Teamleiterin, und David Duchovny als gescheitertem Gebrauchtwagenverkäufer und “Ehemann”, der sich als Sales-Mann zunächst dumm anstellt, dann das perfide Verkaufskonzept inhaliert und schließlich…. ach, das sollten Sie selber sehen.

Als Marke in dem Film sehr präsent ist Audi. Da der Konsumrausch, in den die neuen Bekanntschaften im Gefolge der Joneses verfallen, aber als leer und frei von Lebenssubstanz entlarvt wird, zahlt die Mitwirkung sicher nicht aufs Markenkonto des Unternehmens ein.

Was kommt nach Lafley?

Editorial aus absatzwirtschaft 8/09 mit Titelstory “Das Procter-Potenzial”

Mit dem Führungswechsel bei Procter & Gamble ist eine Ära zu Ende gegangen. Das Dreamteam des Marketing befindet sich nicht mehr im Amt. President und CEO A.G. Lafley hat sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Sein kongenialer Chief Marketing Officer, Jim Stengel, hatte das Unternehmen schon im vergangenen Jahr verlassen. Er tauschte die Verantwortung über die Power-Brands des Konzerns und über einen Marketingetat von weit über acht Milliarden Dollar gegen die Selbstständigkeit als Autor und Berater. Lafley und Stengel haben nicht nur ihrem Unternehmen gedient, sondern auch dem Marketing. Über Jahre waren sie Vorbild und Inspiration für Marketers in der ganzen Welt.

Unter Lafleys Ägide wuchs die Zahl der Milliarden-Dollar-Marken von Procter & Gamble von zehn auf 23. Das organische Wachstum pro Jahr betrug seit seinem Amtsantritt im Durchschnitt fünf Prozent. Den größten Wachstumssprung machte Procter, als Lafley zu einem Wert von 57 Milliarden Dollar den Gillette-Konzern übernahm. Der Aktienkurs entwickelte sich viele Jahre lang linear aufwärts. Die Börsenkapitalisierung macht Procter & Gamble zu einem der zehn wertvollsten Unternehmen der Welt. Eine stolze, makellose Bilanz.

Der Zeitpunkt für die Weitergabe des Staffelstabes ist gut gewählt. Denn Procter spürt in den USA den Druck der Wirtschaftskrise und wächst nicht mehr in den gewohnt großen Schritten. Als Reaktion darauf musste das Unternehmen im Mai viele Preise senken. Das ist neu für die Manager in den Twintowers der Firmenzentrale in Cincinnati, wo jetzt der neue CEO Bob McDonald das Sagen hat. Das Marketing liegt in den Händen von Marc S. Pritchard, seines Zeichens “Global Brand Building Officer”.

McDonald will Procter durch Bürokratieabbau beschleunigen und durch den Aufbau neuer Produktionsstätten in Schwellenländern näher an die Wachstumsmärkte von Morgen heranrücken. Damit hat er erste Pflöcke eingerammt.Mal sehen, was noch kommt. Die Krise und der nächste Aufschwung könnten McDonald die Chance geben, schnell aus Lafleys Schatten herauszutreten. Aber lesen Sie selbst, wie es um Procter & Gamble steht und welche Stärken das Unternehmen jetzt in die Waagschale werfen will. Autorin Anette Dowideit und Redakteur Thorsten Garber zeichnen für Sie ein P&G-Unternehmensporträt ab Seite 22.

Ebenso zur Lektüre empfohlen sei Ihnen das Interview mit dem deutschen Musikstar Michael Bernd Schmidt. Als Mitglied der erfolgreichsten deutschen Popband schreibt er seit 20 Jahren an einer beeindruckenden Erfolgsstory mit. Diese hatte früher viel mit Plattenverkäufen, heute mehr mit Marken und Marketing zu tun. Auf Seite 68 wird aufgelöst, warum das so ist und unter welchem Künstlernamen Sie Herrn Schmidt wahrscheinlich besser kennen.

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